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Gesetzliche Grundlagen barrierefreier Mobilität

Erstellt am: 27.01.2003 | Stand des Wissens: 22.08.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike

Die Rechte mobilitätseingeschränkter Menschen sind auf nationaler sowie internationaler Ebene in unterschiedlichen Gesetzen, Verordnungen und Resolutionen festgeschrieben.
Das Bestreben nach einer barrierefreien Mobilität gewinnt zunehmend an Bedeutung. Diese Tatsache äußert sich insbesondere in einer Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen auf EU-, Bundes- und Landesebene sowie in Form von DIN-Normen und anderen technischen Regelwerken.

Die Regelungen der Europäischen Union gewinnen in Deutschland insgesamt und in Bezug auf die weitgehend barrierefreie Gestaltung der Lebensräume und -verhältnisse immer mehr an Bedeutung. Die Rechtskompetenzen der EU erstrecken sich in diesem Zusammenhang vor allem auf das Wettbewerbs- und das Arbeitnehmer- sowie das Sozialrecht [STUVA02; VDV03b].

Bereits im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ([Art3GG] Abs. 3 Satz 2) ist die umfassende Integration mobilitätseingeschränkter Personen fest verankert. Rechtliche Bedeutung auf Bundesebene hat insbesondere das am 1. Mai 2002 in Kraft getretene "Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen" [BGG], was eine Vielzahl von Änderungen von Gesetzen mit Verkehrsbezug nach sich zog (beispielsweise [PBefG; EBO; FStrG; BOStrab; GVFG]).

Mit diesem Gesetz wird die Zielsetzung verfolgt, dass die Belange nach einer barrierefreien Gestaltung des öffentlichen Raumes (Straßenraum, Verkehrssysteme) berücksichtigt werden. Unter dem Begriff Barrierefreiheit ist nach [BGG, § 4] der Zustand zu verstehen, welcher behinderten Menschen eine Teilhabe:
  • in allgemein üblicher Weise,
  • ohne besondere Erschwernisse und
  • grundsätzlich ohne fremde Hilfe ermöglicht.
Zur Zielerreichung wurde:
  • eine Vielzahl von mobilitätsbezogener Gesetze novelliert ([PBefG; EBO; FStrG; BOStrab; GVFG] etc.),
  • die Maßnahme der "Zielvereinbarung" eingeführt, nach der Behindertenverbände und Unternehmen sich auf freiwilliger Basis auf Maßnahmen zur barrierefreien Gestaltung der Umwelt einigen können/müssen,
  • das Verbandsklagerecht von anerkannten Behindertenverbände eingeführt.
Im Juli 2016 wurde ein neues Gesetz zur Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsrechts erlassen [GWBg16].

Gemäß der föderalen Struktur der Bundesrepublik Deutschland ist die Zuständigkeit der Bundesländer in weiten Bereichen von Bau und Verkehr gegeben. Die Bundesländer sind in ihren
  • Landesbehindertengleichstellungsgesetze,
  • Landesnahverkehrsgesetzen (ÖPNV-Gesetze der Länder) und
  • Bauordnungen
dementsprechend auf die Belange mobilitätseingeschränkter Menschen eingegangen [STUVA02; VDV03b].

Im Jahr 2006 wurde das "Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung" [KON08] von den Vereinten Nationen (UN) verabschiedet und im Jahr 2009 von der Bundesrepublik Deutschland ratifiziert. Die Konvention definiert eine Behinderung als einen Zustand, der "[...]aus der Wechselwirkung zwischen Menschen mit Beeinträchtigungen und einstellungs- und umweltbedingten Barrieren entsteht[...]" [KON08, Präambel Abs. e].
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Barrierefreie Mobilität (Stand des Wissens: 07.09.2022)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?289388
Literatur
[STUVA02] Studiengesellschaft für unterirdische Verkehrsanlagen e.V. Barrierefreier ÖPNV in Deutschland - "Rechtlicher Rahmen, technische Standards und Empfehlungen", Ausgabe/Auflage 1. Auflage, Berlin/Köln, 2002
[VDV03b] Blennemann, Friedhelm,, Girnau, Günter,, Grossmann, Helmut Barrierefreier ÖPNV in Deutschland, Ausgabe/Auflage 1. Auflage, Alba Fachverlag/Düsseldorf, 2003, ISBN/ISSN 3-87094-656-3
Weiterführende Literatur
[Raue03] Rauen, Dieter Behindertengleichstellung im Öffentlichen Personennahverkehr, veröffentlicht in Verkehr und Technik , Ausgabe/Auflage Heft 5, 2003
[Topp03] Rau, A.,, Heipp, G.,, Fuss, U., et al. mobil & barrierefrei - planen, bauen, nachrüsten, veröffentlicht in Grüne Reihe des Fachgebietes Verkehrswesen der Universität Kaiserslautern, 2003/03 und 2003/06
[Topp06a] Topp, Hartmut Mobil und barrierefrei in Stadt und Verkehr, veröffentlicht in Straßenverkehrstechnik, Ausgabe/Auflage 11/2006, 2006/11
[Art3GG] Art. 3 GG
[BGG] Behindertengleichstellungsgesetz (BGG)
[BOStrab] Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen (Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung - BOStrab)
[EBO] Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO)
[FStrG] Bundesfernstraßengesetz (FStrG)
[GVFG] Gesetz über Finanzhilfen des Bundes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden (Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz - GVFG)
[GWBg16] Gesetz
zur Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsrechts
[KON08] Gesetz zum Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderung vom 21.12.2008
[PBefG] Personenbeförderungsgesetz (PBefG)
Glossar
Barrierefreiheit
Barrierefreiheit bedeutet, dass bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?30254

Gedruckt am Freitag, 26. April 2024 00:36:02