Forschungsinformationssystem des BMVI

zurück Zur Startseite FIS

EU-Politik zum Ausbau europäischer Binnenwasserstraßen

Erstellt am: 25.03.2010 | Stand des Wissens: 20.02.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Verkehrsplanung und Logistik, Prof. Dr.-Ing. H. Flämig

Ein wesentliches Ziel der europäischen Verkehrspolitik stellt die Verlagerung des Güterverkehres von der Straße auf die Schiene und die Binnenwasserstraßen dar. Rund 75 Prozent der Inlandfracht, welche derzeit auf der Straße transportiert wird, sollen laut der neuen Richtlinie der Europäischen Union (EU) bis zum Jahr 2050 auf die beiden alternativen Verkehrsträger verlagert werden. Damit verfolgt die Europäische Kommission das Ziel, die durch den gesamten Verkehr verursachten CO2-Emissionen um 90 Prozent zu senken. Konkret soll dabei eine Zunahme der Anzahl der Binnenschifffahrten von 25 Prozent bis zum Jahr 2030 und 50 Prozent bis zum Jahr 2050 erreicht werden. [EuKom20d].

Aufgrund von niedrigen Investitionen der EU-Mitgliedstaaten in den Ausbau und Erhalt von Wasserstraßen sind diese Ziele jedoch gefährdet. Die EU stellt ihren Mitgliedstaaten deshalb finanzielle Hilfen im Rahmen verschiedener Förderprogramme, wie dem Transeuropäischen Verkehrsnetz (TEN-V), beim Wasserstraßenausbau zur Verfügung [EuKom21]. Ein wichtiges Maßnahmenprogramm zur Förderung der europäischen Binnenschifffahrt stellt "NAIADES" dar, ein integriertes europäisches Aktionsprogramm für die Binnenschifffahrt. Das Ziel von NAIADES ist es, die Binnenschifffahrt durch die Beseitigung infrastruktureller Engpässe zu stärken und Hemmnisse zum Beispiel in Hinblick auf die Vernetzung mit anderen Verkehrsträgern abzubauen, um die Binnenschifffahrt attraktiver für die Inlandfracht zu gestalten und damit den intermodalen Transport besser einzubinden. NAIADES I (2006 bis 2013) bestand aus den sechs Maßnahmenfeldern Märkte, Flotte, Beschäftigung und Qualifizierung, Image sowie Infrastruktur [KOM06]. Der Bereich Infrastruktur konzentrierte sich auf die Beseitigung von Engpässen im Wasserstraßennetz. Zudem wurde ein Schwerpunkt auf den Austausch von Informationen zur Verkehrsteuerung gelegt, um die Wettbewerbsfähigkeit und Sicherheit der Binnenschifffahrt zu stärken [EU08]. Im Jahr 2014 trat das Nachfolgeprogramm NAIADES II in Kraft. Aktuell befindet sich das NAIADES-Programm in der dritten Förderphase, die im Juni 2021 startete. NAIADES III soll als Aktionsplan für den Ausbau und die Verlagerung des Verkehrs auf die Binnenschifffahrt bis zum Jahr 2027 dienen. Durch das Aktionsprogramm sollen die Zustände der Wasserstraßen und deren Vernetzung ausgebaut werden. Dabei spielt vor allem die Digitalisierung und Ausbildung neuer Fachkräfte eine wichtige Rolle [EuKom21a, EurKom13].

Ein weiteres Maßnahmenprogramm zum Ausbau der europäischen Binnenwasserstraßen stellen die Leitlinien für den Ausbau des Transeuropäischen Verkehrsnetzes dar. Diese wurden im Jahr 2013 von der EU grundlegend überarbeitet, um dem fortschreitenden Klimawandel, dem Fehlen einer gesamteuropäischen Verkehrsplanungsperspektive und Verzögerungen bei der Fertigstellung grenzüberschreitender Verkehrsinfrastrukturprojekte entgegenzuwirken [BMDV21b]. Die Neufassung des TEN-V beruht auf der Konzeption eines zweilagigen verkehrsträgerübergreifenden Netzes bestehend aus einem dichten Gesamtnetz sowie einem Kernnetz, das die strategisch wichtigsten Verkehrswege des Gesamtnetzes enthält. Engpässe im Kernnetz sollen prioritär behandelt und bis zum Jahr 2030 beseitigt werden. Das Kernnetz beinhaltet dabei das gesamte TEN-V-Wasserstraßennetz, welches alle Wasserstraßen der Kategorie IV umfasst, die eine reibungsfreie Durchfahrt eines genormten Europaschiffes (Länge 85 Meter, Breite 9,5 Meter, Abladetiefe 2,5 Meter) gewährleisten. Das Gesamtnetz soll bis zum Jahr 2050 vollendet sein.

Der Ausbau des TEN-V wird durch das im Jahr 2021 aufgesetzte Finanzierungsinstrument "Connecting Europe Facility 2" (CEF2) unterstützt. CEF2 ist mit einem Etat von 33,7 Milliarden Euro ausgestattet und deckt circa 15 Prozent des europäischen Infrastrukturfinanzierungsbedarfs, wobei gemäß Artikel 15 des CEF2 in Deutschland Binnenwasserprojekte mit bis zu 50 Prozent von der EU bezuschusst werden [BMDV21b, EuKom21].
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Verkehrsplanung und Logistik, Prof. Dr.-Ing. H. Flämig
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Binnenwasserstraßen (Stand des Wissens: 20.02.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?303052
Literatur
[BMDV21b] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (Hrsg.) Transeuropäische Verkehrsnetze (TEN-V), 2021/09/14
[EU08] Europäische Union (Hrsg.) Förderung des Binnenschiffsverkehrs "NAIADES", 2008/04/25
[EuKom20d] Europäische Kommission Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität: Den Verkehr in Europa auf Zukunftskurs bringen, 2020/12/09
[EuKom21] Europäische Kommission (Hrsg.) Berichtigung der Verordnung (EU) 2021/1153 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2021 zur Schaffung der Fazilität "Connecting Europe" und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) Nr. 1316/2, 2021/08/12
[EuKom21a] Europäische Kommission (Hrsg.) NAIADES III - future-proofing European inland waterway transport, 2021/08
[EurKom13] Europäische Kommission (Hrsg.) NAIADES II-Mehr Qualität in der Binnenschifffahrt, 2013/09/10
[KOM06] Europäische Kommission "NAIADES" - Integriertes Europäisches Aktionsprogramm für die Binnenschifffahrt, Brüssel, 2006/01/17
Weiterführende Literatur
[EuCom09] European Commission GREEN PAPER. TEN-T: A policy review. Towards a better integrated transeuropean transport network at the service of the common transport policy. COM(2009) 44 final, 2009/02/04
Glossar
Trans-European Transport Network Das Trans-European Transport Network, TEN-T (dt. Transeuropäisches Verkehrsnetz, kurz TEN-V) ist ein Teilnetz der sog. Trans-European Networks, TEN (dt. Transeuropäische Netze, kurz TEN). Zu diesen zählen neben den Verkehrsnetzen bspw. auch Netzwerke der Telekommunikation oder der Energieversorgung.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?301266

Gedruckt am Freitag, 29. März 2024 14:30:53