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Kernregelungsbereiche der Bahnreform in Deutschland

Erstellt am: 25.03.2010 | Stand des Wissens: 10.09.2022
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch

Die Bahnreform war mit einer umfassenden Neuregelung des Eisenbahnsektors verbunden. Nachfolgend werden die wesentlichen Kernregelungsbereiche aufgezeigt.
Um die finanzielle Unabhängigkeit der reformierten Deutschen Bahn gewährleisten zu können, fand zunächst eine Entschuldung und Entlastung der beiden Sondervermögen Deutsche Bundesbahn und Deutsche Reichsbahn statt. Das im Januar 1994 gegründete Bundeseisenbahnvermögen übernahm den konsolidierten Schuldenstand beider Sondervermögen sowie die Personalverantwortung für die bisher bei den Staatsbahnen tätigen Beamten und die Verwaltung und Verwertung der nicht bahnnotwendigen Immobilien.

Zur Sicherstellung einer ausreichenden Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im Nahverkehr wurde der öffentliche Personenverkehr (ÖPNV) umstrukturiert und neu geordnet. Dabei wurde die Zuständigkeit für den ÖPNV vom Bund auf die Länder übertragen (Regionalisierung).

Ein weiteres Kernelement der Bahnreform bildet die Marktöffnung. Das zuvor nur für den Staatskonzern Deutsche Bahn zugängliche Schienennetz sollte von nun an auch anderen Eisenbahnverkehrsunternehmen offenstehen, um Wettbewerb auf der Schiene etablieren zu können. Da der ehemalige Monopolkonzern nach wie vor als vertikal-integriertes Unternehmen große Teile der Eisenbahninfrastruktur betreibt und gleichzeitig auf dem Eisenbahnverkehrsmarkt agiert, hat er ein berechtigtes Interesse daran, den Zugang zur Infrastruktur zu verweigern oder nur zu überhöhten Tarifen zu verfügen zu stellen. Daher erfordert die Marktöffnung eine Regulierung des Netzzugangs (Zugangsregulierung) sowie eine Regulierung der Entgelte (Entgeltregulierung).

Ein weiteres Ziel der Bahnreform war es, die beiden Sondervermögen in ein privatwirtschaftliches Unternehmen zu transformieren. Die Stufen der Privatisierung lassen sich in die Gründung der Deutschen Bahn AG zum 1. Januar 1994, die Aufspaltung der DB AG in fünf Einzelgesellschaften unter dem Dach einer gemeinsamen Holding im Jahr 1999 sowie über die ausstehende dritte Stufe der Bahnreform - der endgültigen Struktur der Deutschen Bahn AG unterteilen.

Im Zusammenhang mit der ausstehenden dritten Stufe der Bahnreform wird der ursprünglich für das Jahr 2008 geplante und aufgrund der Finanzkrise gescheiterte Börsengang thematisiert. Dabei wird auf die Entwicklung des Finanzholdings-Modells und der geplanten Verteilung der Aktienanteile eingegangen.
Durch die Transformation der Bahn in ein privatwirtschaftliches Unternehmen, kommt den Eisenbahninfrastrukturunternehmen eine Finanzierungspflicht für ihre Infrastruktur zu. In Bezug auf die Infrastrukturfinanzierung wird festgelegt, welche Baumaßnahmen vom Bund, den Eisenbahninfrastrukturunternehmen selbst sowie von der Europäischen Union finanziert werden.
Ansprechpartner
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Bahnreform (Stand des Wissens: 10.09.2022)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?301385
Glossar
Eisenbahninfrastrukturunternehmen Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) ist ein Rechtsbegriff des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG). Gemäß § 2 Abs. 1 AEG sind Eisenbahninfrastrukturunternehmen öffentliche Einrichtungen oder privatrechtlich organisierte Unternehmen die eine Eisenbahninfrastruktur betreiben.
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.
Regionalisierung Regionalisierung bedeutet die Strukturierung und/oder Untergliederung eines geografischen Untersuchungsraums nach Merkmalen, die das Gebiet für einen gegebenen Kontext charakterisieren. Mit der Regionalisierung hydrologischer Modellparameter soll ein Zusammenhang zwischen Parametervariabilität und spezifischen physikalischen Charakteristika des Modelleinzugsgebiets hergestellt werden.
Eisenbahninfrastrukturunternehmen
Zur Erhaltung des Schienennetzes zählen Maßnahmen zur Instandhaltung und für die Durchführung von Ersatzinvestitionen. Grundsätzlich tragen die Eisenbahninfrastrukturunternehmen die dabei anfallenden Kosten, werden aber nach der LuFV vom Bund mit einem bestimmten Betrag jährlich unterstützt.
Verkehrsleistung
Die Verkehrsleistung gibt Auskunft über die Inanspruchnahme von Ressourcen. Als Verkehrsleistung wird die auf eine Zeiteinheit t (zum Beispiel ein Jahr) bezogene Verkehrsarbeit definiert und als Quotient dargestellt. Die Verkehrsarbeit wird dabei als Produkt von Verkehrseinheiten (zum Beispiel Güter oder Personen) und der durch diese zurückgelegten Strecke gebildet. In der Verkehrswissenschaft sind die Einheiten Personenkilometer pro Jahr [Pkm/a] oder Tonnenkilometer pro Jahr [tkm/a] gebräuchlich.
Eisenbahnverkehrsunternehmen Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) sind öffentliche Einrichtungen oder privatrechtlich organisierte Unternehmen, die Eisenbahnverkehrsleistungen erbringen. "Eisenbahnverkehrsunternehmen" stellt einen europarechtlichen Begriff dar, welcher durch nationales Recht in Form von § 2 (1) des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) konkretisiert wird.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?300727

Gedruckt am Dienstag, 16. April 2024 22:55:05