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Technische Maßnahmen zur Gefahrenminimierung im allgemeinen Eisenbahnbetrieb

Erstellt am: 24.03.2010 | Stand des Wissens: 05.03.2024
Ansprechpartner
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch

Trotz eines im intermodalen Vergleich als hoch zu bewerteten Sicherheitsniveaus lassen sich Störungen und Unfälle innerhalb des Systems Bahn naturgemäß nicht gänzlich ausschließen. Sowohl technische Defekte als auch menschliches Fehlverhalten können Auslöser für derartige gefährliche Ereignisse sein und dadurch erheblichen Schaden an Mensch, Fahrzeug, Infrastruktur, Transportgut sowie Umwelt verursachen.
Um die im Eisenbahnbetrieb entstehenden Gefahren zu reduzieren, findet eine Vielzahl unterschiedlicher technischer Maßnahmen und Systeme Anwendung, die sich im Hinblick auf ihre Wirkungsweise zwei einander ergänzenden Strategien zuordnen lassen. Nach Geiger und Kotte stellt das Schadensrisiko das Produkt aus Eintrittswahrscheinlichkeit eines entsprechenden Ereignisses und dem im Ereignisfall zu erwartenden Schadensausmaß dar:
Schadensrisiko = Eintrittswahrscheinlichkeit Schadensereignis x Schadensausmaß
[GeKo08, S. 124 f.]
Eine entsprechende Risikominderung kann somit über zwei Wege erzielt werden: Einerseits besteht die Möglichkeit, durch Maßnahmen der sogenannten aktiven Sicherheit ein Zustandekommen von Unfällen zu erschweren. In diesem Zusammenhang werden technische Systeme herangezogen, um gefährlichen Zuständen bereits in ihrer Entstehung entgegenzuwirken, wie etwa der Einsatz von Zugleit- und Sicherungstechnik. Sie verhindert unter anderem die Einfahrt eines Zuges in bereits besetzte Gleisabschnitte und beugt dadurch dem Auftreten von Fahrzeugkollisionen vor. [Ross11b, S. 32]. Darüber hinaus gehören auch solche Maßnahmen in die Kategorie der aktiven Sicherheit, mit deren Hilfe das Auftreten kritischer Zustände frühzeitig erkannt werden kann und die somit dazu beitragen, akute Unfallgefahr abzuwenden. So können zum Beispiel Heißläuferortungsanlagen defekte Radsatzlager aufspüren, bevor sie zu Sekundärschädigungen am betreffenden Rollmaterial führen und dadurch letztendlich sogar zu Fahrzeugentgleisungen [KlSt08, S. 10 ff.].
Unter dem Begriff der passiven Sicherheit subsumieren sich hingegen sämtliche Ansätze, die darauf ausgerichtet sind, die Folgen eines Unfalleintritts, das heißt das Schadensausmaß, für Personen und Umwelt zu mindern [HeLu09, S. 38]. Als technische bzw. konstruktive Maßnahme zur Erhöhung der passiven Sicherheit kommen im Schienenverkehr beispielsweise Deformationselemente zum Einsatz, die einen Teil der bei einer Kollision mit anderen Fahrzeugen oder einem Hindernis entstehenden Energie durch Verformung abbauen können. (Ein Beispiel hierzu findet sich unter anderem in [Steu09, S. 418].) Ferner dienen Entgleisungsdetektionssysteme zur Reduktion des potentiellen Schadensausmaßes [KnBr24]. Sie sind in der Lage, einen Verlust der Spurführung an einzelnen Achsen zu registrieren und das betreffende Schienenfahrzeug im Idealfall mit Hilfe einer automatisch ausgelösten Schnellbremsung noch vor einem durch Entgleisung induzierten Unfall zum Stillstand zu bringen [Ross11a, S. 10 ff.].
Ansprechpartner
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Literatur
[GeKo08] Geiger, Walter, Kotte, Willi Handbuch Qualität, Vieweg & Sohn Verlag, GWV Fachverlage GmbH / Wiesbaden, 2008, ISBN/ISSN 978-3-8348-0273-6
[HeLu09] Hecht, Markus, Prof. Dr.-Ing., Luther, Doris, Dipl.-Ing. Aktive und passive Sicherheit der Eisenbahn heute und morgen, veröffentlicht in Eisenbahningenieur, DVV Media Group GmbH / Hamburg , 2009/11, ISBN/ISSN 0013-2810
[KlSt08] Klima, Wolfram, Stern, Markus Heißläufer- und Festbremsortungslagen bei der DB Netz AG, veröffentlicht in Bahn Praxis, Ausgabe/Auflage 03/2008, Bahn Fachverlag GmbH / Mainz , 2008
[KnBr24] Knorr-Bremse (Hrsg.) Entgleisungsdetektion, 2024
[Ross11a] Rossberg, Ralf Roman Entgleisungsdetektion im Spannungsfeld von Zuständigkeiten, veröffentlicht in Güterbahnen, Ausgabe/Auflage 02/2011, Alba Fachverlag , 2011/02, ISBN/ISSN 1610- 5273
[Ross11b] Rossberg, Ralf Roman Aktiva und Passiva, veröffentlicht in Eisenbahn Magazin, Ausgabe/Auflage 5/2011, Alba Fachverlag GmbH & Co. KG, Meerbusch, 2011/05, ISBN/ISSN 0342-1902
[Steu09] Steuger, Martin Velaro kundenorientierte Weiterentwicklung eines Hochgeschwindigkeitszuges, veröffentlicht in ZEVrail, Georg Siemens Verlag / Berlin , 2009/10, ISBN/ISSN 1618-8330
Glossar
Heißläuferortungsanlage Eine Heißläuferortungsanlage (HOA) ist eine im Gleisbett eingebaute Einrichtung, die dazu dient, eine übermäßige Erwärmung von Radsatzlagern von Schienenfahrzeugen festzustellen. Eine unzulässig erhöhte Temperatur von Radsatzlagern kann einen Achsbruch hervorrufen oder zu einer gefährlichen Funkenbildung führen.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?299280

Gedruckt am Freitag, 29. März 2024 06:33:59