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Stufen der Bahnprivatisierung

Erstellt am: 23.03.2010 | Stand des Wissens: 10.09.2022
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch

Die Bahnreform war mit dem Ziel verbunden, die beiden monopolistischen Staatsbahnen in ein Wirtschaftsunternehmen zu transformieren.

Die erste Stufe der Bahnprivatisierung beinhaltete die Zusammenführung der beiden deutschen Staatsbahnen Deutsche Bundesbahn und Deutsche Reichsbahn am 01. Januar 1994 sowie die Gründung der privatrechtlich organisierten Deutschen Bahn AG (DB AG). Diese Umstrukturierung erfolgte auf Grundlage des Eisenbahnneuordnungsgesetzes. Der Bund war und ist alleiniger Inhaber aller Anteile an der Aktiengesellschaft. Die Privatisierung mit der AG-Gründung erfolgte daher nur auf gesellschaftsrechtlicher Ebene  [MON09].

Im Zuge der zweiten Stufe der Bahnreform wurde die DB AG am 1. Januar 1999 unter dem Dach einer gemeinsamen Holding in die folgenden fünf Einzelgesellschaften aufgespalten: DB Netz AG (Fahrweg), DB Station und Service AG (Personenbahnhöfe), DB Reise und Touristik AG (Personenfernverkehr), DB Regio AG (Personennahverkehr) sowie DB Cargo AG (Güterverkehr, inzwischen DB Schenker Rail). Der Konzern befindet sich nach wie vor im Bundesbesitz.

Die dritte Stufe der Bahnreform steht noch aus. Seit Mitte 2003 wurde über die endgültige Struktur der Holding diskutiert. Hierbei zeichneten sich zwei wesentliche Alternativen ab [MON09]:

1. (Teil-)Privatisierung
Auf der einen Seite besteht die Möglichkeit einer materiellen (Teil-)Privatisierung der Deutschen Bahn AG als weiterhin vertikal integriertes Unternehmen. Die Kapitalprivatisierung könnte daher nur in Form einer Teilprivatisierung erfolgen, da nach Artikel 87e Absatz 3 Satz 3 GG nur maximal 49 Prozent der Anteile der Schieneninfrastruktur veräußert werden dürfen. Vorteile dieses Modells ergeben sich aus den Synergieeffekten der vertikalen Integration. Nachteilig wirken sich jedoch die hohen Diskriminierungspotentiale aus.
  • Vorteile dieses Modells ergeben sich aus den Synergieeffekten der vertikalen Integration.
  • Nachteilig wirken sich jedoch die hohen Diskriminierungspotentiale aus.
2. Strikte Trennung von Netz und Betrieb
Auf der anderen Seite besteht die Möglichkeit einer strikten Trennung der Bereiche Netz und Betrieb. In diesem Fall würde der Netzbereich von einer eigenständigen Gesellschaft des Bundes geführt und nur die Transportgesellschaften privatisiert werden.
Ein wesentlicher Vorteil der strikten Trennung von Netz und Betrieb wäre, dass Diskriminierungspotentiale gegenüber Wettbewerbern minimiert werden könnten. Andererseits gibt es Befürchtungen, dass die Servicequalität der Leistungen - insbesondere im Personenverkehr - rapide abnehmen könnte.

In der politischen Diskussion einigte man sich auf eine Hybridstruktur beider Modelle. Der damit für Oktober 2008 geplante Börsengang scheiterte jedoch an der Finanzkrise. Hiermit steht die Vollendung der dritten Stufe der Bahnreform bis dato noch aus [BMVBS13w].
Ansprechpartner
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Bahnreform (Stand des Wissens: 10.09.2022)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?301385
Literatur
[BMVBS13w] BMVBS Koalitionsverhandlungen, Infrastruktur, Bahn, Maut - Minister Ramsauer im Interview mit der Welt, 2013/11/06
[MON09] Monopolkommission Sondergutachten 55: Bahn 2009: Wettbewerb erfordert Weichenstellung, Nomos Verlagsgesellschaft / Baden-Baden , 2009
Rechtsvorschriften
[ENeuOG] Gesetz zur Neuordnung des Eisenbahnwesens (Eisenbahnneuordnungsgesetz - ENeuOG)

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?298918

Gedruckt am Dienstag, 23. April 2024 08:09:22