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Ungünstige Altersstrukturen bei der Besatzung

Erstellt am: 21.01.2003 | Stand des Wissens: 15.05.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn

Die Altersstruktur der an Bord deutscher Handelsschiffe tätigen deutschen Seeleute ist besorgniserregend. Als Ursache ist der Mangel an fähigen Nachwuchskräften zu sehen. Zu wenig vorhandene Ausbildungsplätze an Bord der Schiffe auf der einen Seite und zu wenig junge Berufseinsteiger aufgrund unattraktiv erscheinender Berufsaussichten auf der anderen Seite führten zu einem Ausbildungsproblem in der Seeschifffahrt.
Dabei ist anzumerken, dass Seeleute bereits mit 57 Jahren aus dem Berufsleben ausscheiden können, ohne auf geldliche Leistungen verzichten zu müssen. Möglich wird dies durch die von der Seemannskasse gezahlte so genannte Seemannsrente, ein Überbrückungsgeld bis zum Erreichen des Rentenalters.
Die Überalterung der Offiziere ist aus Sicht der Reedereien ein den Mangel an ausgebildetem Bordpersonal verschärfendes Problem [BMWi07, S.39]. Wie in Abbildung 1 ersichtlich, waren Ende 2014 über 38 Prozent der deutschen Seeleute älter als 50 Jahre [PwC15a]. Nach einer Studie aus dem Jahr 2010 liegt dieser Wert für deutsche Kapitäne und Offiziere sogar bei über 47 Prozent [VDR10, S.89]. Obgleich keine aktuelleren Daten zur Altersstruktur deutscher Seeleute vorliegen, ist aufgrund des rückläufigen Nachwuchses (siehe Abbildung 2) von einem zunehmenden Durchschnittsalter der Besatzung auszugehen [VDR22a]
Altersstruktur 2008 und 2014.PNGAbbildung 1: Altersstruktur deutscher Seeleute 2008 und 2014 (eigene Darstellung nach [PwC15a])
Berufsanfaenger Seeschifffahrt.pngAbbildung 2: Neueinsteiger bei der seemännischen Ausbildung sowie im Landbetrieb [VDR22a]
Auch bei den Offizieren aus OECD-Staaten kann eine ähnlich ungünstige Altersstruktur festgestellt werden [PwC00, S. 24-27 u. S. 30]. Das Durchschnittsalter der Offiziere in den OECD-Ländern ist wesentlich höher als das ihrer Kollegen aus Ostasien, aus Osteuropa und Indien. Dies ist auf zwei Gründe zurückzuführen: Einerseits sind die Seeleute in den OECD-Ländern immer kürzer auf See tätig und wechseln häufig lange vor ihrem 40. Lebensjahr zu einer Tätigkeit an Land. Andererseits sind viele Reedereien aufgrund des finanziellen Drucks gezwungen, jüngere Offiziere aus Drittländern einzustellen, die weniger kosten als ihre Kollegen aus den OECD-Ländern. Derzeit haben die meisten OECD-Offiziere einen höheren Dienstgrad (60 Prozent der EU-Offiziere sind über 40 Jahre alt), während sich in den unteren Dienstgraden Offiziere aus Entwicklungsländern finden. Erwartet wird, dass die höheren Offiziere aus der OECD nach ihrem Eintritt in den Ruhestand von Staatsangehörigen strukturschwächerer Länder ersetzt werden [EuKom01v].
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Das Beschäftigungsproblem in der deutschen Seeschifffahrt (Stand des Wissens: 15.05.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?31017
Literatur
[BMWi07] o.A. Fünfte Nationale Maritime Konferenz, 4. Dezember 2006, Freie und Hansestadt Hamburg, Berlin, 2007/02
[EuKom01v] Europäische Kommission Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Ausbildung und Einstellung von Seeleuten KOM/2001/0188 endg. , 2001
[PwC00] o.A. Beitrag des Bundes zum maritimen Bündnis für Ausbildung und Beschäftigung - Optionen und Wirkungen der Senkung von Lohnneben- und Ausbildungskosten an Bord deutscher Handelsschiffe, Hamburg, 2000/09/29
[PwC15a] PwC Deutsche Revision Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (Hrsg.) Ausbildung und Beschäftigung von deutschem Seepersonal, 2015/06/08
[VDR10] Verband Deutscher Reeder Verband Deutscher Reeder - Jahresbericht 2010, Bericht des Präsidiums anlässlich der ordentlichen Mitgliederversammlung in Hamburg am 2. Dezember 2010, Hamburg, 2010/12/02
[VDR22a] Verband Deutscher Reeder (Hrsg.) Daten & Fakten zur Seeschifffahrt in Deutschland, 2022
Weiterführende Literatur
[BaRa03b] Back, Hans-Jürgen, Rach, Lothar Kurzuntersuchung des Arbeitsmarktes für deutsche Seeleute, Hannover, 2003/10
Glossar
OECD Die OECD (Organisation for Economic Co-operation and Development) besteht gegenwärtig aus 30 Mitgliedsländern, die hinter Demokratie und Marktwirtschaft stehen. Aufgrund der aktiven Beziehungen zu 70 weiteren Ländern, nichtstaatlichen Organisationen und zur Gesellschaft besitzt OECD eine globale Reichweite. OECD ist durch seine Publikationen, Statistiken, ökonomischen Arbeitsabdeckungen und makroökonomischen Sozialausgaben, um Ausbildung, Entwicklung, Wissenschaft und Innovationen zu fördern, bekannt.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?28965

Gedruckt am Donnerstag, 28. März 2024 12:26:27