Gründe für und gegen eine Hafenprivatisierung
Erstellt am: 15.02.2008 | Stand des Wissens: 04.02.2021
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Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn
Hafenprivatisierungen sollen zumeist die Wettbewerbsfähigkeit eines Seehafens verbessern. Die Marktsituation wird durch die wachsende Konkurrenz zu anderen Häfen, die Gefahr der globalen Austauschbarkeit und die Technologieentwicklung in Schiffs- und Umschlagtechnik beeinflusst. Auch die steigende Verhandlungsmacht global agierender Reedereien und Logistikunternehmen als Hafenkunden sowie gestiegene Anforderungen an die Sicherheit und den Umweltschutz spielen eine Rolle. Es gibt zwei Hauptgründe für die Einbindung privaten Kapitals in einen Seehafen. Zum einen soll die Effizienz durch bessere Marktorientierung gesteigert werden. Da Investitionen in Hafeninfra- und/oder Suprastruktur sehr kostenintensiv und somit eine hohe Belastung für den öffentlichen Haushalt sind, eröffnet Privatisierung zum anderen die Möglichkeit, erforderliche Investitionen für den Hafenausbau trotz fehlender öffentlicher Mittel zu tätigen.
Im Einzelnen können die Probleme, welche durch die Hafenprivatisierung gelöst werden sollen, wie folgt gegliedert werden [World07, S.99]:
- allgemeiner Natur: Verbesserung der Qualität und Kundenfreundlichkeit sowie Senkung der Kosten und Preise;
- administrativer Natur: Entpolitisierung der öffentlichen Hafenverwaltung (Port Authority), Bürokratieabbau, Einführung eines leistungsbasierten Managements und Vermeidung staatlicher Monopole;
- finanzieller Natur: Reduzierung öffentlicher Ausgaben und des kommerziellen Risikos für den öffentlichen Sektor, Anziehung von Auslandsinvestitionen sowie Steigerung der Beteiligung des privaten Sektors an der regionalen und nationalen Wirtschaft;
- der Hafenarbeit: Größenreduzierung der öffentlichen Verwaltung, Umstrukturierung und Umschulung der Hafenarbeiterschaft, Unterbindung wettbewerbsbeschränkender Arbeitspraktiken, Steigerung der Beschäftigung im privaten Sektor.
Die Wirksamkeit der Privatisierung als Mittel zur Lösung von Hafenproblemen wird angesichts der vorliegenden Erfahrungen differenziert eingeschätzt. Eine privatisierte Hafenverwaltung führt nicht generell zu besseren Ergebnissen [Broo04a] und Hafenreformen bringen nicht immer die gewünschten Effizienzsteigerungen, wobei häufig eine unzureichende Erfassung der Effizienz einer Hafenverwaltung als Grund für Fehleinschätzungen herausgestellt wurde [BrPa08, S.413, 428]. Eine Untersuchung zu Containerterminals ergab, dass die Beteiligung privaten Kapitals in gewissem Umfang Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit verbessern kann [ToWu05]. Eine Studie an Häfen in den USA und Panama unterstützt dies. Dort fanden die Forscher heraus, dass die Privatisierung eines Hafens durchaus positive Einflüsse auf Effizienz und Effektivität des Hafens haben kann [Paga12].
Nach einer Privatisierung kann es jedoch ebenso zu einer ungenügenden Entwicklung kommen, falls der private Investor erforderliche Investitionen unterlässt und lediglich Eigeninteressen verfolgt. Der Verlust der öffentlichen Kontrolle über den Hafen beziehungsweise das Hafenunternehmen kann somit mit einem Verfehlen der gesamt- und/oder regionalwirtschaftlichen Ziele verbunden sein [Nask04, S.64]. Durch unzureichend kontrollierte Hafenerweiterungen in Verbindung mit einer umfassenden Hafenprivatisierung können negative Aspekte für die Natur (Lärm, Verschmutzung, Zerstörung von Erholungsflächen) und die Anwohner auftreten [DoKo07, S.21f.]. Aus Sicht der Hafenbeschäftigten kann eine Privatisierung von Hafenunternehmen zum Verlust von Arbeitsplätzen aufgrund von Rationalisierungen führen. Auch können sich die Arbeitsbedingungen verschlechtern, da die Bindung an Tarifverträge meist weniger ausgeprägt ist und häufig Zeitarbeitsverträge abgeschlossen werden [DVZ07l]. Eine Hafenprivatisierung hat einen gestiegenen Koordinationsbedarf zur Folge, denn durch eine Privatisierung kann die Zahl der Akteure im Seehafen deutlich steigen. Allerdings ist deswegen die Entscheidungsfindung aufgrund der unterschiedlichen Interessen erschwert und erfordert eine Abstimmung [DoKo07, S.22].