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AMABILE - Ausschreibung und Modellierung von alternativen Bedienungsformen in Form von Teilnetzen unter Integration traditioneller Linienverkehre

Erstellt am: 18.12.2002 | Stand des Wissens: 14.08.2013
Kurzname:   AMABILE
Auftraggeber / Förderer:   Bundesministerium für Bildung und Forschung
Auftragnehmer:   PTV Planung Transport Verkehr AG
TU Dresden - Institut für Verkehrsplanung und Straßenverkehr
Zweckverband Schienenpersonennahverkehr Rheinland-Pfalz Nord
Verkehrsverbund Rhein-Sieg GmbH
KVE Kreisverkehrsgesellschaft Euskirchen mbH
Projektkoordination:   PTV Planung Transport Verkehr AG
Laufzeit:   2000 bis 2004
Projektstand:   abgeschlossen
Raumbezug:   Bundesrepublik Deutschland
Veröffentlichung:   [Barth02] Vergaberechtliche Anforderungen bei der Ausschreibung Alternativer Bedienformen mit traditionellen Linienverkehren - Arbeitspapier 6
[Barth02a] Rechtliche Aspekte der Linienbündelung unter besonderer Berücksichtigung der Integration Alternativer Bedienungsformen -Arbeitspapier 5
[BMBF04b] Personennahverkehr für die Region - Innovationen für nachhaltige Mobilität
[Harm06] Niedrigerer Zuschuss trotz höherer Qualität durch Ausschreibung und Alternative Bedienungsformen in der Region Eifel-Mosel
[Litt02] BMBF startet Forschungsinitiative "Personennahverkehr für die Region"
[Lohse02] Grundlagen der makroskopischen Modellierung von Verkehrsangebot und -nachfrage - Arbeitspapier 9
[Lohse03] Pilotanwendung des Planungs- und Bewertungsmodells - Arbeitspapier 12
[Schaef03] Kosten und Erlösberechnung für Alternative Bedienungsformen - Arbeitspapier 11
[Siebe02] Wirtschaftliche und verkehrliche Aspekte der Linienbündelung - Arbeitspapier 4
[Siebe02a] Alternative Bedienungsformen in der Praxis - Eine Studie über Wirtschaftlichkeit und Problemlagen. Arbeitspapier 2
[Teich03] Simulation der flexiblen Bedienung: Mikroskopische Simulation der Verkehrsnachfrage und Fahrzeueinsatzmodelle - Arbeitspapier 10
Im Zusammenhang mit der Liberalisierung des Verkehrsmarktes werden in vielen Landkreisen verstärkte Anstrengungen zur Senkung der Kosten des öffentlichen Verkehrs unternommen. Dabei spielen Alternative Bedienungsformen im ländlichen Raum eine wesentliche Rolle, um durch höhere Kosteneffizienz ein flächendeckendes und nutzerfreundliches ÖPNV-Angebot aufrecht erhalten zu können. Bei der Konzeption Alternativer Bedienungsformen sind das Fahrgastaufkommen und die Kosten-/Einnahmensituation - wie auch im traditionellen Linienverkehr - wichtige Grundlagen zur Entscheidungsfindung für die Aufgabenträger und die Betreiber.

In Deutschland ist gegenwärtig der besondere Aspekt zu beachten, dass die Kostenbilanz der ÖPNV-Systeme einen Einfluss darauf hat, ob entsprechende Leistungen (ggf. europaweit) ausgeschrieben werden müssen. Dies ergibt sich aus dem novellierten Personenbeförderungsgesetz (PBefG), nach dem gemeinwirtschaftliche Linien (d. h. Linien, die nicht kostendeckend bedient werden können) auszuschreiben sind. Um zu verhindern, dass eigenwirtschaftliche (d. h. kostendeckende) Linien von den Verkehrsunternehmen betrieben werden und gemeinwirtschaftliche durch die öffentliche Hand finanziert werden müssen, ohne dass es zu einem Ausgleich zwischen beiden Formen kommt, wird eine Vergabe der Konzessionen für Linienbündel bzw. eine sowohl ertragsstarke als auch ertragsschwache Verkehre umfassende Ausschreibung (ggf. in Teilnetzen/Losen) angestrebt. Bei der Definition dieser Linienbündelung bzw. dem Zuschnitt von Liniennetzen und Teillosen für die Ausschreibung ist neben der verkehrsplanerischen auch eine ökonomische Bewertung von entscheidender Bedeutung.

Statistisch abgesicherte Daten über das tatsächlich abgerufene Angebot und Modelle, die eine rechnergestützte Modellierung von bedarfsgesteuerten ÖPNV-Systemen und der zu erwartenden Nachfrage ermöglichen, liegen nicht vor. Ebenso wenig sind allgemeingültige Kenntnisse zur Kosten- und Einnahmesituation verfügbar, die den Zusammenhang zwischen vorhandenen Rahmenbedingungen und wirtschaftlichem Ergebnis aufzeigen. Zudem existieren ungeklärte Fragen hinsichtlich der genehmigungsrechtlichen Behandlung von flächenbezogenen ÖPNV-Systemen (z.B. bei verschiedenen Formen von Rufbussen oder AST) sowie ihrer genehmigungsrechtlichen Integration in Linienbündel und der integrierten Ausschreibung von herkömmlichen Linienverkehren gemeinsam mit Alternativen Bedienungsformen.

Im Gegensatz dazu sind für die rechnergestützte Modellierung und Potenzialabschätzung traditioneller Linienverkehre praxistaugliche Standardlösungen vorhanden. Auch sind erste Ausarbeitungen zu rechtlichen Fragen der Linienbündelung und ihrer Ausschreibung bekannt, wenngleich im Zuge der fortschreitenden Liberalisierung des Verkehrsmarktes auf europäischer Ebene auch weitere Änderungen der Rechtslage zu erwarten sind. Sowohl für traditionelle Linienverkehre als auch für Alternative Bedienungsformen gilt jedoch, dass in Deutschland derzeit nur vereinzelte Ansätze für die Planung, Ausschreibung und Umsetzung von Linienbündeln bzw. Teilnetzen existieren.

Aus dieser Bestandsaufnahme lassen sich zusammenfassend folgende Schwerpunkte ableiten, die im Rahmen des Forschungsprojektes AMABILE untersucht werden:

  • Entwicklung eines rechnergestützten Planungswerkzeuges, das die Aufgabenträger bei der Abschätzung von Angebot und Nachfrage Alternativer Bedienungsformen unterstützen kann;
  • Klärung von Besonderheiten bei der ökonomischen Bewertung Alternativer Bedienungsformen insbesondere in Bezug auf die wirtschaftliche Begründung von Losen zur gemeinsamen Ausschreibung;
  • Klärung der juristischen Fragen im europäischen Kontext hinsichtlich der Genehmigung Alternativer Bedienungsformen und die Bildung von Teilnetzen, in denen Alternative Bedienungsformen und traditionelle Linien gemeinsam zur Ausschreibung gebracht werden;
  • Erprobung dieses Planungswerkzeuges anhand geeigneter Teilnetze der Beispielregionen und Ausschreibung von Teilnetzen unter fachlich fundierter Begleitung.
Die Ergebnisse der Untersuchung werden in einem "Leitfaden zur Planung und Ausschreibung von Teilnetzen/Linienbündeln" für die Praxis der Aufgabenträger zusammengefasst.

Für die Pilotphase der erstmaligen (europaweiten) Ausschreibung von Teilnetzen bzw. Linienbündeln ist mit einer relativ langen Bearbeitungszeit zu rechnen. Dies liegt zum einen in der Tatsache begründet, dass für die Durchführung der Ausschreibung bereits ein Zeitraum von einem Jahr und mehr zu kalkulieren ist. Zum anderen besteht ein erheblicher Abstimmungsbedarf auf administrativer und politischer Ebene, der vorab nur schwer abgeschätzt werden kann. Hinzu kommt, dass durch mögliche juristische Verfahren die Umsetzung der Konzepte verzögert und u. U. verändert werden kann. Conditio sine qua non für diese Projektphase ist jedoch, dass ein Aufgabenträger für eine solche erstmalige Ausschreibungspraxis gewonnen werden kann. Daher ist diese Pilotphase zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur optionaler Bestandteil des Forschungsprojektes AMABILE.
Ansprechpartner
Bundesministerium für Bildung und Forschung
PTV Planung Transport Verkehr AG
Literatur
[Barth02] Barth, Sybille , Klinger, Daniela Vergaberechtliche Anforderungen bei der Ausschreibung Alternativer Bedienformen mit traditionellen Linienverkehren - Arbeitspapier 6, Karlsruhe, 2002/04
[Barth02a] Barth, Sybille , Klinger, Daniela Rechtliche Aspekte der Linienbündelung unter besonderer Berücksichtigung der Integration Alternativer Bedienungsformen -Arbeitspapier 5, Karlsruhe, 2002/04
[BMBF04b] Burmeister, Jürgen, Littmann, Reinhard, Schüller, Ulrich, Thomae, Tobias Personennahverkehr für die Region - Innovationen für nachhaltige Mobilität, Bonn, Berlin, 2004
[Harm06] Harms, S., Kindl, A. Niedrigerer Zuschuss trotz höherer Qualität durch Ausschreibung und Alternative Bedienungsformen in der Region Eifel-Mosel, veröffentlicht in Verkehr und Technik, Ausgabe/Auflage Heft 11, 2006
[Litt02] Littmann, Reinhard, Dipl.-Ing. BMBF startet Forschungsinitiative "Personennahverkehr für die Region", veröffentlicht in Verkehr und Technik, Ausgabe/Auflage Heft 5, 2002
[Lohse02] Lohse, Dieter, Prof. Dr.-Ing. habil. Grundlagen der makroskopischen Modellierung von Verkehrsangebot und -nachfrage - Arbeitspapier 9, 2002/11
[Lohse03] Lohse, Dieter, Prof. Dr. , Schiller, Christian , Kindl, Annette Pilotanwendung des Planungs- und Bewertungsmodells - Arbeitspapier 12, Dresden/Berlin, 2003/02
[Schaef03] Schäfer, Tanja Kosten und Erlösberechnung für Alternative Bedienungsformen - Arbeitspapier 11, Karlsruhe, 2003/03
[Siebe02] Sieber, Niklas Wirtschaftliche und verkehrliche Aspekte der Linienbündelung - Arbeitspapier 4, Karlsruhe, 2002/08
[Siebe02a] Sieber, Niklas Alternative Bedienungsformen in der Praxis - Eine Studie über Wirtschaftlichkeit und Problemlagen. Arbeitspapier 2, Karlsruhe, 2002/02
[Teich03] Teichert, Heidrun, Dr. Simulation der flexiblen Bedienung: Mikroskopische Simulation der Verkehrsnachfrage und Fahrzeueinsatzmodelle - Arbeitspapier 10, Dresden/Berlin, 2003/01
Glossar
Aufgabenträger
Aufgabenträger bestellen bei den Verkehrsunternehmen die im Rahmen der Daseinsvorsorge gewünschten Nahverkehrsleistungen. Dabei gibt es Unterschiede zwischen dem Schienenpersonennahverkehr (SPNV) und dem straßengebundenen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV).
Im SPNV sind seit Bahnreform und ÖPNV-Regionalisierung im Jahr 1995/96 anstelle des Bundes die Länder für die Planung, Organisierung und Finanzierung verantwortlich. In einigen Ländern sind die Aufgabenträger für das gesamte Land zuständig, wie in Bayern, in anderen betreuen sie regional abgegrenzte Gebiete, wie in Nordrhein-Westfalen. Teilweise wird die Aufgabenträgerschaft den Verkehrsverbünden zugewiesen, wie in Hessen.
Die Aufgabenträgerfunktion für den straßengebundenen ÖPNV ist den Landkreisen oder kreisfreien Städten zugeordnet.
Anrufsammeltaxi Das Anrufsammeltaxi verkehrt nur nach rechtzeitiger Anmeldung des Fahrgastes nach einem im Voraus veröffentlichten Fahrplan an einer besonders gekennzeichneten Haltestelle. Im Gegensatz zum Anruflinientaxi endet die Fahrt an einem vom Fahrgast selbst gewählten Ort, beispielsweise seinem Zuhause.
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.
Personenbeförderungsgesetz
Das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) regelt die entgeltliche oder geschäftsmäßige Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Oberleitungsbussen (Obussen) oder Kraftfahrzeugen im Linien- und Gelegenheitsverkehr. Die Novelle des PBefG schafft einen Rechtsrahmen für neue digitale Mobilitätsangebote und berücksichtigt stärker die Belange des Klimaschutzes, der Verkehrseffizienz und die Erreichbarkeit im Sinne gleichwertiger Lebensverhältnisse. Des Weiteren sind im PBefG Vorgaben zur Wahrung von sozialen Standards zugunsten der Beschäftigten verankert.
gemeinwirtschaftlich
Eine vielschichtig interpretierte Leitvorstellung für die Steuerung von dem Nutzen der Allgemeinheit verpflichteten Betrieben. Zur Operationalisierung gemeinwirtschaftlichen Verhaltens wurden zahlreiche einzelwirtschaftliche Handlungsmaximen aufgestellt: u.a. Gewinnverzichtsregel, kostenorientierte Preispolitik, Gewinnverwendung im Allgemeininteresse/ Gemeinwohl, Maximierung der zu erstellenden und abzugebenden Leistung bei Kostendeckung.
Auf den Verkehrssektor bezogen beudeutets dies, dass mittels spezifischer Auflagen (v.a. Betriebs-, Beförderungs- und Tarifpflicht) eine Umgestaltung der Zielfunktionen der im Verkehrssektor tätigen Unternehmen zwecks Berücksichtigung von struktur-, regional- und sozialpolitischer Ziele sowie der staatlichen Daseinsvorsorge bewirkt wird.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?24662

Gedruckt am Donnerstag, 28. März 2024 19:47:48