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Qualitätsindikatoren für die Sicherheit im Radverkehr

Erstellt am: 29.03.2007 | Stand des Wissens: 11.05.2021
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike

Während sich die Verkehrssicherheit in den letzten Jahren allgemein verbessert hat, lässt sich dieser Trend bei einer isolierten Betrachtung des Radverkehrs nicht allgemeingültig übertragen. Allerdings ist die Erhöhung der Unfallzahlen mit Radfahrerbeteiligung auch auf die Erhöhung des Radverkehrsanteils zurückzuführen.
Auf der Datenbasis des Statistischen Bundesamtes bedeutet dies konkret: Im Jahr 2020 verletzten sich insgesamt 91.281 Fahrradfahrer*innen, getötet wurden 426. Im Vergleich zum Jahr 2019 stellt dies einen Anstieg der Verletztenzahlen um + 4,8 Prozent (2019: 86.897 Verletzte) dar. Die Anzahl der Getöteten ging, im Vergleich zum Vorjahr, um 4,5 Prozent zurück (2019: 445 Getötete) [StBu20c, StBu20a].
Die Sicherheit im Radverkehr kann in zwei Bereiche unterteilt werden:
  • Verkehrssicherheit und
  • soziale Sicherheit [Bast98c, S. 11 ff.].
Bei der Verkehrssicherheit muss zwischen subjektiv gefühlter Sicherheit des Radfahrers und objektiver Verkehrssicherheit unterschieden werden. Dabei hat die subjektiv gefühlte Sicherheit einen großen Einfluss darauf, ob ein Radfahrer eine Radverkehrsanlage attraktiv findet. Mögliche Kriterien zur Bewertung der subjektiven Sicherheit sind:
  • Existenz von Radverkehrsanlagen,
  • Stärke des fließenden Kfz-Verkehrs,
  • der Ruhende Kfz-Verkehr,
  • die Zahl und die Regelungen an Knotenpunkten sowie
  • die Breite der Verkehrsfläche und Interaktionen mit anderen Radfahrern.
Insgesamt fühlen sich 57 Prozent der Person beim Radfahren im Straßenverkehr subjektiv meistens sicher. Für 64 beziehungsweise 62 Prozent der Befragten des Fahrradmonitors 2021 sorgt zu viel Verkehr beziehungsweise rücksichtslose Autofahrende für Unsicherheit. Weitere Faktoren sind zu wenig separate Radwege (57 Prozent), zu schnell fahrende Autos (56 Prozent) und plötzlich öffnende Pkw-Türen (47 Prozent) [Bmvi21ad S. 65 ff].
Die objektive Verkehrssicherheit kann dagegen mit Indikatoren wie der Unfallrate oder der Unfalldichte bewertet werden [Bast98c, S. 11 ff.].
Weiterhin können Statistiken zu Unfällen mit Radfahrerbeteiligung herangezogen werden, bei denen nach Unfällen mit leicht und schwer verletzten Radfahrern sowie getöteten Radfahrern unterschieden wird. Allerdings sollten diese Statistiken zur Radverkehrssicherheit immer kritisch hinterfragt werden, um sicherzustellen, dass beispielweise die Vergleichbarkeit unter verschiedenen Städten gegeben ist. Dazu sollte beachtet werden, dass sich die Anzahl der toten und / oder verletzten Radfahrer auf die Anzahl der Einwohner, die Anzahl der Radfahrer oder den Radverkehrsanteil einer Stadt bezieht. Das [Deve00] setzt beispielsweise. die Anzahl der verunglückten Personen einer Altersklasse in Bezug zu den Gesamtpersonen dieser Alterklasse und gibt anschließend die Zahl der Verunglückten pro eine Million Einwohner an.
Oft stimmen objektiv bewertete und subjektiv gefühlte Sicherheit für gleiche Netzabschnitte des Radverkehrs nicht überein. Eine stärkere Übereinstimmung ergibt sich, wenn statt der Unfälle kritische Situationen oder Behinderungen von Radfahrern betrachtet werden [Bast98c, S. 12].
Die soziale Sicherheit wird durch eine Vielzahl von sich zum Teil überlagernden und gegenseitig verstärkend wirkenden Einflussgrößen geprägt. Zudem sind die Einflussgrößen sehr stark subjektiv beeinträchtigt und können daher nur schwerlich in objektive, messbare Kriterien umgesetzt werden.
Als Bewertungskriterien kommen daher die Einordnung des Radverkehrsnetzes nach Abschnitten in Frage, die:
  • von vielen als verunsichernd erlebte Angsträume wahrgenommen werden (wie Straßen mit dominierend tertiärer Nutzungsstruktur, Gewerbegebiete, Wohngebiete mit vom Straßenraum abgewandter Bebauung und Eingängen, Grünanlagen, Parkplätze, Bahnhöfe oder Unterführungen),
  • belebt sind oder
  • beleuchtet sind.
Dem Gefühl der sozialen Unsicherheit kann mit städtebaulichen Instrumenten entgegengewirkt werden, in dem eine Belebung der Straßen durch kleinteiligere Nutzungsmischungen erfolgt und durch bessere Beleuchtung die Einsehbarkeit von Straßen verbessert wird [Bast98c, S. 14 f.].
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Monitoring des Nichtmotorisierten Verkehrs (Stand des Wissens: 10.05.2021)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?493403
Literatur
[Bast98c] Wolfgang Bohle , Elke Willhaus , et al., Alrutz, Dankmar, Dipl. Ing. Bewertung der Attraktivität von Radverkehrsanlagen, veröffentlicht in Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Ausgabe/Auflage Heft V 56, Wirtschaftsverlag NW Bergisch Gladbach/Bremerhaven, 1998/09/01, ISBN/ISSN 3-89701-232-4
[Bmvi21ad] Bundesministerium für Digitales und Verkehr, Sinus - Markt- und Sozialforschung GmbH (Hrsg.) Fahrrad-Monitor Deutschland 2021, 2021/11/21
[destatis12f] Statistisches Bundesamt Unfallentwicklung auf deutschen Strassen 2012 - Begleitmaterial zur Pressekonferenz am 10.07.2013, Wiesbaden, 2013
[Deve00] Briese, Volker, Prof. Dr., Geiler, Michael, Dr., et al. Sicherheit für den Radverkehr - Grundlagenhandbuch, Ausgabe/Auflage 4. Auflage, Bonn, 2000
[StBu20a] Statistisches Bundesamt (Hrsg.) Getötete bei Verkehrsunfällen nach Art der Verkehrsbeteiligung, 2020/07/14
[StBu20c] Statistisches Bundesamt (Hrsg.) Verletzte bei Verkehrsunfällen nach Art der Verkehrsbeteiligung, 2020/07/14
Weiterführende Literatur
[BMVI23a] Einladende Radverkehrsnetze, 2023/04
[CERWE94] Cerwnka, Peter, Prof. Dr.-Ing. , Matthes, Ulrike, Dr. Förderung des Radverkehrs in Städten Umweltschutz versus Verkehrssicherheit, veröffentlicht in Zeitschrift für Verkehrssicherheit, Ausgabe/Auflage 40, 1994
[Etsc15] Adminaite, Dovile, Allsop, Richard , Jost, Graziella Making walking and cycling on Europe´s roads safer, Ausgabe/Auflage PIN Flash Report 29, 2015/06
[BMVI21b] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (Hrsg.) Nationaler Radverkehrsplan 3.0, 2021/04/21
[Etsc20] Carson, Jenny , Adminaité-Fodor, Dovilé , Jost, Graziella Ranking EU progress on road safety, Ausgabe/Auflage 14th Road safety performance index report, 2020/06
[BMVI19at] Langer, Victoria, Klein, Tobias Subjektive Sicherheit im Radverkehr, 2019/06/05

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?219120

Gedruckt am Freitag, 29. März 2024 08:50:22