Rechtliche Rahmenbedingungen für das Mobilitätsmanagement
Erstellt am: 14.11.2002 | Stand des Wissens: 11.07.2019
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TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Es gibt in Deutschland keine gesetzliche Verpflichtung zur Durchführung von Mobilitätsmanagementmaßnahmen (MM-Maßnahmen), obwohl bei Umsetzung solcher Maßnahmen im Gesamtpaket ein hoher gemeinwohlorientierter Nutzen entsteht. Allerdings kann das Schaffen von Anreizen unddie Umsetzung restriktiver Maßnahmen Chancen für die gewünschte Beeinflussung der Verkehrsnachfrage mit sich bringen. Zentrale rechtliche Instrumente der Stadtplanung und des Steuerrechts wirken auch im Zusammenhang mit dem MM.
In der Stadtplanung gelten folgende rechtliche Rahmenbedingungen für das MM in Deutschland:
- Bauplanungsrecht (BauG),
- Bauordnungsrecht (Bauordnungen der Länder),
- Stellplatzsatzung oder kommunale Stellplatzortsgesetze,
- Fachplanungen Verkehr und
- Fachplanungen Umwelt.
Im Rahmen von Bauvorhaben ist es durch die Gestaltung des Baugesetzbuches (BauGB) bei bestimmten Konstellationen möglich, MM-maßnahmen zu verankern:
- Durch die Ausweisung von "Verkehrsflächen" sowie "Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung"(Fußgängerbereiche, Fahrradabstellanlagen, Stellplatzanlagen) im Rahmen von Bebauungsplänen [§ 9 Abs. 1 Punkt 11 BauGB],
- als "Städtebauliche Maßnahmen" im Rahmen städtebaulicher Verträge [§ 11 BauGB],
- als Teil der "Erschließungsmaßnahmen" im Rahmen von Vorhaben- und Erschließungsplänen [§ 12 BauGB] oder
- als Bestandteil von "Erschließungsverträgen" [§ 124 BauGB].
Die schriftliche Fixierung von bestimmten MM-Maßnahmen im Rahmen von städtebaulichen Verträgen oder der Aufstellung von Bebauungsplänen zwischen Kommune und Träger der Baumaßnahme kann beispielsweise dazu genutzt werden, die Zahl der erforderlichen Stellplätze zu reduzieren und hierdurch Finanzmittel, die beim ruhenden Verkehr im motorisierten Individualverkehr gespart werden, für den Öffentlichen Personennahverkehr und Radverkehr einzusetzen.
Mit der Regelung zur Entfernungspauschale nach [EStG] können nach Einkommenssteuergesetz ([EStG]) Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte steuerlich geltend gemacht werden, unabhängig von dem gewählten Verkehrsmittel. Kritiker der Entfernungspauschale sehen darin die Förderung des Verkehrsaufkommens infolge der Zersiedelung beziehungsweise des Trends zu längeren Arbeitswegen [FÖS16].
Hinsichtlich der gesetzlichen Verpflichtungen unterscheidet sich Deutschland von einigen europäischen Nachbarländern: In den Niederlanden, in Belgien und in Italien sind Betriebe mit mehreren hundert Mitarbeitern verpflichtet, einen Mobilitätsplan zu erstellen [ILS09]. Diese Vorgabe wurde Anfang der 1990er Jahre auch in einigen amerikanischen Bundesstaaten eingeführt und führte dort zu erheblichen Widerständen der Arbeitgeber, wobei hier vor allem die Zeitvorgaben zur Änderung der Verkehrsmittelanteile zu kurz waren [LWFB03].
In Belgien und im US-Bundesstaat Washington DC ist man den Weg der Fördermittelbereitstellung in Kombination mit (freiwilligen) Mobilitätsverpflichtungen gegangen und hat hiermit sehr gute Erfahrungen gemacht [LWFB03].