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Ursachen des Verkehrsaufkommens im Kontext des betrieblichen Mobilitätsmanagements

Erstellt am: 31.10.2002 | Stand des Wissens: 26.03.2018
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TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike

Ausbildungs- und Arbeitsstätten, Freizeiteinrichtungen und Geschäfte/Einkaufszentren sind größere "Verkehrserzeuger" in dem Sinne, dass dort - zum Teil zeitlich konzentriert - Verkehr in erheblichem Maße zu- oder abfließt.

Eine seit Jahrzehnten stattfindende Konzentration von derartigen Standorten auf immer weniger Standorte führt dazu, dass immer längere Wege für die einzelnen Aktivitäten zurückgelegt werden müssen. Hierdurch steigen das Verkehrsaufkommen und die Verkehrsleistung. Bei zunehmenden Wegeaufwänden und einem Ausbau von peripheren, nicht gut an den ÖPNV angeschlossenen Standorten, verringern sich die Möglichkeiten, diese Wege nichtmotorisiert (zu Fuß, Fahrrad) oder auch mit dem ÖPNV zurückzulegen: Aus (verkehrsmittelunabhängiger) "Mobilitätsnachfrage" entsteht so verstärkt motorisiertes "Verkehrsaufkommen" [Topp03a].

Da peripher gelegene Standorte ("Grüne Wiese") oftmals besser mit dem Pkw erreichbar sind, bevorzugen zahlreiche Investoren einen derartigen Standort.

Das Umweltbundesamt hat vier zentrale Handlungsfelder näher untersucht, die Einfluss auf die Verkehrsentstehung haben [UBA05]:
  • Siedlungsentwicklung
  • Handelsverflechtungen
  • Lebensstil
  • Verkehrsinfrastruktur.
Eine bessere Koordinierung der Verkehrsströme könnte vor allem im Berufsverkehr zur Entlastung der Verkehrsinfrastrukturen führen. Da diese Bündelung jedoch am Arbeitsplatz oder am Wohnort koordiniert werden müsste, unterbleibt mangels Initiative oft eine "konzertierte Aktion". Teilweise fehlt auch ein Problembewusstsein in den Betrieben für die von ihnen erzeugten Verkehre: "Verkehrsplanung" sei Aufgabe der Verwaltung und keine private Aufgabe [LWFB03]. Städte und Kommunen müssten daher bei "Verkehrserzeugern" erst ein Bewusstsein für das Verkehrsaufkommen und die Möglichkeiten des Mobilitätsmanagements schaffen.

Im Berufsverkehr bestehen besonders gute Voraussetzungen, z. B. mit Hilfe von Mobilitätsmanagement eine verträglichere Gestaltung des Verkehrsgeschehens zu erreichen:
  • Start- bzw. Zielpunkt der Verkehrsnachfrage stimmen überein,
  • die Standorte werden in der Regel jeden Tag zur annähernd gleichen Zeit aufgesucht und
  • die Zielgruppe der Berufspendler kann direkt angesprochen werden [LWFB03; VCD96; BVWe01].
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Literatur
[BVWe01] Bruns, Hans-Ludwig, Vennefrohne, Klaus, Welk, Lars Mobilitätsmanagement in der betrieblichen Praxis, 2001
[LWFB03] Beckmann, Klaus, Finke, Timo, Krug, Stephan, Langweg, Armin, Meinhard, Dirk, Witte, Andreas Mobilitätsmanagement in Deutschland und im Ausland, Stand von Theorie und Praxis, Aachen, 2003, ISBN/ISSN 3-88354-145-1
[Topp03a] Topp, Hartmut, Prof. Dr.-Ing. Mehr Mobilität, weniger Verkehr bei Innen- vor Außenentwicklung, veröffentlicht in Raumforschung und Raumordnung, Ausgabe/Auflage 61, Nr. 04, 2003
[UBA05] Verron, Hedwig, Huckestein, Burhkard, Penn-Bressel, Gertrude, Röthke, Petra, Böke, Michael, Hülsmann, Wulf Determinanten der Verkehrsentstehung, 2005/12
[VCD96] Büro für Verkehrsökologie, Schäfer-Breede, Klaus Mobilitätsmanagement in Betrieb und Verwaltung, veröffentlicht in VCD Materialien, Ausgabe/Auflage 1. , Verkehrsclub Deutschland VCD e.V. Eifelstraße 2, 53119 Bonn, 1996
Weiterführende Literatur
[FiWi99] Finke, Timo, Dipl.-Ing., Witte, Andreas, Dr. Mobilitätsmanagement - Konzepte und Erfahrungen im Rahmen des europäischen Forschungsprojektes MOSAIC, veröffentlicht in Stadt Region Land - Heft 67 , Institut für Stadtbauwesen und Stadtverkehr / Aachen, 1999, ISBN/ISSN 3-88354-128-1
[KaFi00] Kanatsching, Dietmar Regionales Mobilitätsmanagement, Wien, 2000, ISBN/ISSN 3950088148
[Hess99] Hesse, Markus, Dr. Siedlungsstrukturen, räumliche Mobilität und Verkehr Auf dem Weg zur Nachhaltigkeit in Stadtregionen, veröffentlicht in Graue Reihe - Materialien des IRS, Ausgabe/Auflage 20, 1999, ISBN/ISSN 3-9805983-7-3
Glossar
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.
Verkehrsaufkommen Das Verkehrsaufkommen beschreibt die Anzahl der zurückgelegten Wege, beförderten Personen oder Güter pro Zeiteinheit. Im Unterschied dazu bezieht sich das spezifische Verkehrsaufkommen auf zurückgelegte Wege und beschreibt die mittlere Anzahl der Ortsveränderungen pro Person und Zeiteinheit.
Verkehrsleistung
Die Verkehrsleistung gibt Auskunft über die Inanspruchnahme von Ressourcen. Als Verkehrsleistung wird die auf eine Zeiteinheit t (zum Beispiel ein Jahr) bezogene Verkehrsarbeit definiert und als Quotient dargestellt. Die Verkehrsarbeit wird dabei als Produkt von Verkehrseinheiten (zum Beispiel Güter oder Personen) und der durch diese zurückgelegten Strecke gebildet. In der Verkehrswissenschaft sind die Einheiten Personenkilometer pro Jahr [Pkm/a] oder Tonnenkilometer pro Jahr [tkm/a] gebräuchlich.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?18237

Gedruckt am Samstag, 1. April 2023 19:50:12