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Klimawirksamkeit des Luftverkehrs

Erstellt am: 28.11.2005 | Stand des Wissens: 23.02.2017
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IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.

Seit der Verabschiedung des Sonderberichts Aviation and the Global Atmosphere des Intergovernmental Panel on Climate Change im April 1999 ist es wissenschaftlich von höchster Ebene autorisiert, dass neben den durch die Verbrennung des Flugkraftstoffes Kerosin entstehenden CO2-Emissionen, auch die Stickoxidemissionen, Kondensstreifen und der sich daraus bildenden Zirrusbewölkung zur Klimaerwärmung beitragen. [GeWa03] Die Abschätzung des Klimaeffektes der beiden letzt genannten Punkte ist jedoch noch mit Unsicherheiten behaftet. [EnEmV06]

Zudem reagiert die Atmosphäre in der am meist genutzten Flughöhe (Übergang von der Troposphäre in die Stratosphäre) unter anderem wegen niedriger Temperaturen und langsamerer Mischungsprozesse empfindlicher auf Emissionen als in Bodennähe. Ein korrekter Vergleich zwischen dem Luftverkehr und anderen Verkehrsarten in Bezug auf die Treibhauswirkung ist daher allein anhand der CO2-Emissionen nicht möglich.

Bis 2015 wird ein globales Luftverkehrswachstum von 5% pro Jahr prognostiziert, sodass trotz des großen technischen Fortschritts bei den Flugverkehrsemissionen mit einer Zunahme von 3% pro Jahr zu rechnen ist. Bei gleichbleibender Nachfrageentwicklung hätten allein die Emissionen des Luftverkehrs im Jahre 2050 den Maximalwert erreicht, bei dem das Klimasystem noch nicht verändert wird. Allerdings wäre dann neben dem Fliegen das Heizen, Autofahren oder Herstellen industrieller Güter kaum noch möglich. [ACICl05]

Flugzeuge des internationalen Luftverkehrs (Mittel- und Langstreckenflüge) operieren überwiegend in einer Höhe von 9 bis 12 km, wo der Luftverkehr die einzige künstliche Emissionsquelle ist. Im Vergleich zu den land- und wassergebundenen Verkehrsträgern verbrennt der Flugverkehr einen Großteil des Treibstoffs unter verschiedenen und wechselnden atmosphärischen Bedingungen. Den Verbrennungsprozess beeinflussen Faktoren wie atmosphärischer Druck, Umgebungstemperatur und Luftfeuchte, die aufgrund der Höhe erheblichen Variationen unterliegen. [UMTr05]


Abb. 1: Schadstoffe des Luftverkehrs in Deutschland [UMTr05]
(Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)

23) D = IPCC Default, C = Corinair, CS = Country specific, PS = Plant specific, M = Model
24) N = Normal, L = Lognormal, T = Triangular, U = Uniform (Gleichverteilung)
25) D = IPCC Default, RA = Reference Approach, T1 = IPPC tier 1, T1a/T1b/T1c = IPPC tier 1a/1b/1c, T2 = IPPC tier2, T3 = IPPC tier 3, C = CORINAIR, CS = Country specific, M = Model

Die ausgestoßenen Gase, die bei der Verbrennung des hauptsächlich verwendeten Flugkraftstoffs Kerosin freigesetzt werden, sind Kohlendioxid (CO2), Stickoxide (NOx), Kohlenmonoxid (CO), Kohlenwasserstoffe (UHC), Wasserdampf (H2O), Schwefeloxide (SO2) und Rußpartikel. Grundsätzlich kann der Einfluss des Luftverkehrs auf den Klimawandel auf drei Prozesse zurückgeführt werden [Mosc07]:
  • Direkte Emissionen einer strahlungsaktiven Substanz (Kohlendioxid, Wasserdampf)
  • Emissionen einer chemischen Substanz, die strahlungsaktive Substanzen bildet oder abbaut
  • Emissionen, die die Bildung von Aerosolen verstärken oder zu einer Veränderung der natürlichen Wolkenbildung führen (Partikel und Wasserdampf)
Aufgrund des steigenden Luftverkehrswachstums und folglich höheren Treibstoffverbrauchs nimmt die CO2-Emission kontinuierlich zu. Die Treibstoffeffizienz von Flugzeugtriebwerke wurde in den letzten Jahren erheblich verbessert, sodass seit 1999 einige Emissionsfaktoren sich deutlich geändert haben. Für NMVOC, NO2 und CO ist zudem seit dem Jahr 2000 der Emissionslevel niedriger und für Lachgas höher als 1999. [UMTr05, S.3-29ff.]
Ansprechpartner
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Auswirkungen herkömmlicher Luftverkehrskraftstoffe & Entwicklung alternativer Flugtreibstoffe (Stand des Wissens: 23.02.2017)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?355970
Literatur
[ACICl05] ACI - Airports Council International Europe Strategy on Climate Change, 2005/01/19
[EnEmV06] Markus Mehlin, Astrid Gühnemann, Andreas Lischke, Matthias Scheffer, Jens Borken Die Energie- und Emissionsbilanz des Verkehrs - Bisherige Entwicklung und künftige technische Reduktionspotenziale, 2006/03
[GeWa03] Treber, M. , Kirchmair, A. , Kier, G. Die Subventionierung des Flugverkehrs, Büro Bonn, Dr.Werner-Schuster-Haus, Kaiserstr. 201, D-53113 Bonn, Telefon 0228/60492-0, Fax -19, 2003/05/07
[Mosc07] Sven Moschitz Nachhaltiger Luftverkehr, VDM Verlag Dr. Müller, 2007, ISBN/ISSN 978-3-8364-1050-2
[UMTr05] Michael Strogies, Stephan Schiller, Marion Dreher, u.a. Deutsches Treibhausgasinventar 1990 - 2003, 2005, ISBN/ISSN 0722-186X
Weiterführende Literatur
[CaDe04] Cames, Martin, Deuber, Odette Emissionshandel im internationalen zivilen Luftverkehr, Berlin, 2004/01, ISBN/ISSN 3-934490-18-2
[HaTh04] Thomas Hauf (Universität Hannover), Herbert Leykauf (Deutscher Wetterdienst), Ulrich Schumann (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) Luftverkehr und Wetter, 2004/06
[BeTo04] Torsten Behrens , Bernd Siebenhüner Nachhaltigkeit im Bedürfnisfeld Mobilität, Oldenburg/Berlin, 2004/09, ISBN/ISSN 3-931974-95-2
Glossar
O2
= Sauerstoff. Im Normzustand ist Sauerstoff ein farbloses, geruchloses und geschmackloses Gas. Es ist sehr reaktiv, fast jedes chemische Element, abgesehen von Edelgasen, reagiert mit Sauerstoff, um Verbindungen zu bilden.
Sauerstoff ist von großer Bedeutung, weil er wesentlich an den Atmungsprozessen der meisten lebenden Zellen und an Verbrennungprozessen beteiligt ist. Es ist das am häufigsten vorkommende Element der Erdkruste. Die Luft besteht zu fast einem Fünftel (Volumen) aus Sauerstoff. Ungebundener gasförmiger Sauerstoff besteht normalerweise aus einem zweiatomigen Molekül (O2), es gibt ihn  aber auch in dreiatomiger Form (O3,) besser bekannt unter dem Begriff Ozon.
IPCC
Rolle und Auftrag
Der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change IPCC; auch: Weltklimarat), ist eine Institution der Vereinten Nationen (UN) mit Sitz in Genf. 1988 durch das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UN Environmental Programme) und die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) gegründet, ist er zugleich wissenschaftliches Gremium.
Im Auftrag des IPCC tragen Fachleute weltweit regelmäßig den aktuellen Kenntnisstand zum Klimawandel zusammen und bewerten ihn aus wissenschaftlicher Sicht. So sollen Grundlagen für wissenschaftsbasierte politische Entscheidungen geschaffen werden, jedoch ohne konkrete Lösungswege vorzuschlagen oder Handlungsempfehlungen zu geben. Dabei ist der Gewissheitsgrad zum anthropogenen (vom Menschen verursachten) Einfluss auf die beobachtete Erwärmung/die Klimaänderungen im Zeitverlauf der Arbeit des IPCC klar gewachsen (siehe hierzu unten Berichte).
Organisationsstruktur
Das etwa zweimal jährlich tagende Plenum aus Regierungsdelegationen der Mitgliedstaaten, zahlreichen Wissenschaftler:innen und Vertreter:innen von Beobachterorganisationen legt das Arbeitsprogramm und weitere Verfahrensaspekte der Arbeit des IPCC fest. Es wählt für jeden Berichtszyklus einen wissenschaftlichen Vorstand und verabschiedet fertige Berichte.
Als national zuständige IPCC-Kontaktstelle ist in Deutschland das Auswärtige Amt (AA) in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) benannt. Sie wird unterstützt von der Deutschen IPCC-Koordinierungsstelle, die gemeinsam von AA und BMBF getragen wird. Weitere eher administrative Gremien zur Unterstützung der Projekt- und Arbeitsgruppen sind das Sekretariat und die Geschäftsstellen.

Die derzeit drei wissenschaftlichen Arbeitsgruppen (Working Groups - WG) des IPCC erstellen die Sachstandsberichte und Sonderberichte.
- Arbeitsgruppe I (WGI) befasst sich mit den naturwissenschaftlichen Ursachen des Klimawandels.
- Arbeitsgruppe II (WGII) untersucht die Verwundbarkeit von Systemen gegenüber dem Klimawandel und beschreibt Optionen zur Anpassung.
- Arbeitsgruppe III (WGIII) zeigt Optionen zur Minderung des anthropogenen Klimawandels auf.
Zusätzlich setzt der IPCC flexibel Gruppen zu spezifischen Themen, sowie zur Weiterentwicklung der Verfahren ein. (Task Forces - TF; Task Groups - TG).
Berichte
Seit seiner Gründung 1988 hat der IPCC insgesamt 6 umfangreiche Sachstandsberichte (Assessment Reports; 1990, 1995, 2001, 2007, 2013/14, 2021) veröffentlicht; daneben zahlreiche Sonderberichte (Special Reports) und Methodenberichte (Methodology Reports). Bereits 1999 entstand der verkehrsrelevante Sonderbericht Luftfahrt und die globale Atmosphäre (Aviation and the Global Atmosphere). Mit dem 4. Sachstandsbericht 2007 (Fourth Assessment Report - AR 4) fasste des IPCC den Kenntnisstand der Wissenschaft erstmals so zusammen, dass der Einfluss des Menschen auf das Klimasystem als eindeutig gewertet werden konnte.

Verwendete Quellen:
Informationen der Deutschen Koordinierungsstelle des IPCC.
Wissenschaftliche Dienste des Bundestages: Ausarbeitung Anthropogener Treibhauseffekt und Klimaänderungen [WD 8 - 3000 - 028/17 27.09.2017].
HC = hydrocarbons, zu deutsch: Kohlenwasserstoffe. Als Kohlenwasserstoffe werden in der Chemie Verbindungen bezeichnet, die ausschließlich Kohlenstoff (C) und Wasserstoff (H) im Molekül enthalten.
CO
= Kohlenstoffmonoxid. CO ist eine chemische Verbindung aus Kohlenstoff und Sauerstoff und gehört damit neben Kohlenstoffdioxid zur Gruppe der Kohlenstoffoxide. Es ist ein farb-, geruch- und geschmackloses Gas. Kohlenstoffmonoxid beeinträchtigt die Sauerstoffaufnahme von Menschen und Tieren. Schon kleine Mengen dieses Atemgiftes haben Auswirkungen auf das Zentralnervensystem.
Es entsteht bei der unvollständigen Oxidation von kohlenstoffhaltigen Substanzen. Dies erfolgt zum Beispiel beim Verbrennen dieser Stoffe, wenn nicht genügend Sauerstoff zur Verfügung steht oder die Verbrennung bei hohen Temperaturen stattfindet. Kohlenstoffmonoxid selbst ist brennbar und verbrennt mit Sauerstoff zu Kohlenstoffdioxid. Hauptquelle für die CO-Belastung der Luft ist der Kfz-Verkehr.
NOx
= Stickoxide. Ist die Sammelbezeichnung für die Oxide des Stickstoffs. Die wichtigsten Stickoxide sind Stickstoffmonoxid und Stickstoffdioxid. Es sind gasförmige Verbindungen, die sich nur wenig in Wasser lösen.
Die wichtigsten Stickoxid-Quellen sind natürliche Vorgänge, wie zum Beispiel mikrobiologische Umsetzungen im Boden, sowie Verbrennungsvorgänge bei Kraftwerken, Kraftfahrzeugen und industrielle Hochtemperaturprozesse, bei denen aus dem Sauerstoff und Stickstoff der Luft Stickoxide entstehen. Stickstoffdioxid ist ein Reizstoff, der die Schleimhäute von Augen, Nase, Rachen und des Atmungstraktes beeinträchtigt.
N2O = Distickstoffoxid (Lachgas). Ein farb- und geruchloses, leicht süßlich schmeckendes und chemisch reaktionsträges Gas. Lachgas ist ein Treibhausgas, dessen Treibhauswirksamkeit 298-mal so groß ist wie die von CO2. Menschenverursachte Emissionen stammen hauptsächlich aus der Landwirtschaft.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?179921

Gedruckt am Montag, 27. März 2023 03:37:32