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Maßnahmen an Knotenpunkten ohne LSA zur Beschleunigung des ÖPNV

Erstellt am: 22.09.2005 | Stand des Wissens: 21.10.2021
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Bahnverkehr, öffentlicher Stadt- und Regionalverkehr, Prof. Dr.-Ing. R. König

An Knotenpunkten ohne Lichtsignalanlagen treten häufig Behinderungen im ÖPNV auf, wenn dieser nicht vorfahrtberechtigt ist. Wie stark sich diese Behinderungen auf die Beförderungszeit auswirken, hängt maßgeblich von der vorhandenen Verkehrsstärke ab. Zur Beschleunigung des ÖPNV und aus Gründen der Verkehrssicherheit sollten daher Straßen, auf denen öffentliche Verkehrsmittel verkehren, grundsätzlich Vorfahrtsstraßen sein. Insbesondere eine Rechts-vor-Links"-Regelung, beispielsweise in Tempo-30-Zonen, sollte für den öffentlichen Verkehr (ÖV) vermieden werden, da Anfahr- und Beschleunigungsvorgänge Zeit kosten, den Fahrkomfort senken, und zudem Schadstoffausstoß und Lärmbelastung erhöhen.
Des Weiteren kann es zu Störungen kommen, wenn  
  • Knotenpunkte nicht über die erforderliche Anzahl und Länge der Spuren verfügen und es zu Rückstau kommt
  • unzureichende Abbiegeradien die Benutzung der Gegenfahrbahn erfordern und
  • Knotenpunkte unübersichtlich gestaltet sind [FGSV99].
Besonders starke Behinderungen sind zu erwarten, wenn das öffentliche Verkehrsmittel als Linksabbieger mehrere vorfahrtsberechtigte Verkehrsströme abwarten muss. In diesem Fall ist in Abhängigkeit der Verkehrsbelastungen des motorisierten Individualverkehrs (MIV) zu überlegen, ob eine Vorfahrtsregelung mit weniger wartepflichtigen Konfliktpunkten möglich ist (Abbildung 1).
Skizze Vorfahrtregelung_low.jpgAbb. 1: ungünstige und günstige Vorfahrtsregelung bei abknickender Linienführung, Quelle: eigene Darstellung auf Basis von [FGSV99]
Ist eine befriedigende Verkehrsqualität an nicht-signalgesteuerten Knoten nicht herstellbar, so kann das Prinzip einer "Lückenampel" (alternativer Begriff: Abfangsignalisierung; Abbildung 2) in Betracht gezogen werden.
Skizze Lueckenampel_V3.pngAbb. 2: Prinzip der Lückenampel: 1.) Im Normalzustand ist die Ampel dunkel geschaltet. 2.) Bei Annäherung eines Busses werden die eigentlich bevorrechtigten Verkehrsströme angehalten, sodass der Bus einbiegen kann. 3.) Nachdem der Bus die Einmündung passiert hat, meldet er sich ab und die Ampel wird erneut dunkel geschaltet. Quelle: eigene Darstellung auf Grundlage von [Hoff03]
Bei geringer Belastung in den Zufahrten eines Kreisverkehrs sind Beschleunigungsmaßnahmen für den ÖV nicht erforderlich. Im Gegenfall sind zusätzliche Maßnahmen nötig und hilfreich. Wenn mehr als eine Zufahrtspur vorhanden ist, ermöglicht eine ÖV-Spur eine behinderungsfreie Einfahrt des ÖV. Wenn nur eine einstreifige Zufahrt in den Kreisverkehr möglich ist, kann diese so gestaltet werden, dass der MIV unmittelbar vor dem Kreisverkehr von der eigenen Spur in die geradeaus führende ÖV-Spur einfädeln muss. Dadurch können sich die Wartezeiten für Busse bei langen Rückstaus verkürzen. Wenn der sich in der Kreisfahrbahn befindende Verkehrsstrom das Einfädeln des ÖV erschwert, hilft eine schlafende LSA" [Lagemann04], die das gleiche Prinzip der oben genannten Lückenampel hat.
Leverkusener Modell.PNGAbb. 3: Möglichkeit zur ÖPNV-Beschleunigung bei der Einfahrt in einen Kreisverkehr [ADAC05a]
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Bahnverkehr, öffentlicher Stadt- und Regionalverkehr, Prof. Dr.-Ing. R. König
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Beschleunigung des ÖPNV (Stand des Wissens: 21.10.2021)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?158416
Literatur
[ADAC05a] Allgemeiner Deutscher Automobilclub e.V. (Hrsg.) Der Kreisverkehr - Ein ADAC-Leitfaden für die Praxis, ADAC e.V., München, 2005
[FGSV99] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.V. (Hrsg.) Merkblatt für Maßnahmen zur Beschleunigung des öffentlichen Personennahverkehrs mit Straßenbahnen und Bussen, Ausgabe/Auflage FGSV-Nr. 114, FGSV Verlag, Köln, 1999
[Hoff03] Hoffmann, Jürgen Busbeschleunigung aus Sicht des Planungsingenieurs - Systematische Umsetzung von Maßnahmenpaketen im Zuge eines umfangreichen Beschleunigungsprogramms, veröffentlicht in Der Nahverkehr, Ausgabe/Auflage 9/2003, Alba Fachverlag, Düsseldorf, 2003, ISBN/ISSN 0722-8287
[Lagemann04] Arndt Lagemann Vorrang für Busse und Straßenbahnen an Kreisverkehren, 2004/07/22
Glossar
ÖV
Der öffentliche Verkehr (ÖV) ist sowohl im Personen-, Güter- sowie Nachrichtenverkehr für jeden Nutzer in einer Volkswirtschaft öffentlich zugänglich. Dazu zählen sowohl die öffentliche Personenbeförderung, der öffentliche Gütertransport als auch die öffentlichen Telekommunikations- und Postdienste. Der ÖV wird dabei von Verkehrsunternehmen nach festgelegten Routen, Preisen und Zeiten durchgeführt. Der ÖV ist somit im Gegensatz zum Individualverkehr (IV) örtlich und zeitlich gebunden.
Vor dem Hintergrund der verkehrspolitisch geförderten Multimodalität wird der ÖV zunehmend breiter definiert, indem auch alternative Bedienformen, Taxen bis hin zu öffentlichen Fahrrädern und öffentlichen Autos als Teil eines neuen individualisierten ÖV gesehen werden.
LSA Lichtsignalanlagen LSA (umgangssprachlich: Ampeln) dienen der Steuerung des Straßenverkehrs, indem mittels Lichtsignalen ein bestimmtes Verhalten der Verkehrsteilnehmer angeordnet wird.
Motorisierter Individualverkehr Als motorisierter Individualverkehr (MIV) wird die Nutzung von Pkw und Krafträdern im Personenverkehr bezeichnet. Der MIV, als eine Art des Individualverkehrs (IV), eignet sich besonders für größere Distanzen und alle Arten von Quelle-Ziel-Beziehungen, da dieser zeitlich als auch räumlich eine hohe Verfügbarkeit aufweist. Verkehrsmittel des MIV werden von einer einzelnen Person oder einem beschränkten Personenkreis eingesetzt. Der Nutzer ist bezüglich der Bestimmung von Fahrweg, Ziel und Zeit frei (örtliche, zeitliche Ungebundenheit des MIV).
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.
Verkehrsstärke
Die Verkehrsstärke ist eine Kennzahl für die Stärke eines Verkehrsstroms an einem Querschnitt, gemessen in der Anzahl der Verkehrseinheiten, die diese Stelle pro Zeiteinheit passieren. Man spricht in diesem Zusammenhang von Streckenbelastung, wenn sich die Quantifizierung des Verkehrsstroms alternativ auf einen betrachteten Streckenabschnitt und nicht auf einen Querschnitt bezieht.
Verkehrsstärke = Verkehrseinheiten am Querschnitt / Bezugsperiode
Gebräuchliche Einheiten für die Verkehrsstärke sind z. B. Fahrzeuge [Fzg] pro Tag [24h] oder Stunde [h] (z. B. durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke, kurz DTV [Fzg/24h])
LSA Lichtsignalanlagen (LSA) dienen der Steuerung des Straßenverkehrs. Sie ordnen für Verkehrsteilnehmer ein bestimmtes Verhalten an, indem sie gesteuerte Signale abgeben. Umgangssprachlich werden sie auch häufig Ampeln genannt.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?166918

Gedruckt am Donnerstag, 18. April 2024 23:24:16