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Maßnahmen an Haltestellen zur Beschleunigung des ÖPNV

Erstellt am: 21.09.2005 | Stand des Wissens: 21.10.2021
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Bahnverkehr, öffentlicher Stadt- und Regionalverkehr, Prof. Dr.-Ing. R. König

Da Haltestellenaufenthalte im städtischen ÖPNV 15 bis 20% der Beförderungszeit ausmachen können, sind in der Regel Beschleunigungspotentiale vorhanden. Ansatzpunkte können Lage und Gestaltung der Haltestellen, sowie deren Verkehrsorganisation sein.
Die Abstände der Haltestellen wirken sich erheblich auf die Reisegeschwindigkeit und somit auf die Qualität des Angebotes aus. Viele Haltestellen mit kurzen Abständen führen zu einer Verlängerung der Beförderungszeit, sofern an jeder Haltestelle gehalten werden muss. Große Entfernungen zwischen den Haltestellen bedeuten für die Kunden wiederum längere Wege zur Haltestelle. Überwiegt auf einem Linienabschnitt der Durchgangsverkehr, sollten die Abstände der Haltestellen also eher größer sein, überwiegt Quell- oder Zielverkehr sollten sie dagegen im unteren Bereich liegen. Letzteres trifft insbesondere auf Zentrumsbereiche oder Endabschnitte von Linien zu. Darüber hinaus verlängert sich für den Fahrgast die Gesamtreisezeit durch die Wege von und zur Haltestelle. Um die Attraktivität der ÖPNV-Nutzung zu gewährleisten, sollten kurze Wege angestrebt und Behinderungen auf diesen vermieden werden. Fußgängerfurten, Fußgängerüberwege und Überquerungshilfen verkürzen die Wartezeit beim Überqueren der Fahrbahn.
Zuwege_2_V5.jpgAbb. 1: So sollten die Zuwege einer Haltestelle nicht aussehen: unübersichtliche Gestaltung durch die Kombination von Brücke und LSA, fehlende Barrierefreiheit und lange Rotphasen für Fußgänger an der LSA
Bei der Gestaltung der Haltestellen sind Mängel, wie größere Höhenunterschiede beim Ein- und Ausstieg, zu eng bemessene Warteflächen oder Hindernisse für den Fahrgastfluss, zu vermeiden, da diese zu längeren Aufenthaltszeiten an den Haltestellen führen. Besonders problematisch sind Haltestellen, die nur über einen Zugang auf einer Seite verfügen, da die Fahrgäste sich dadurch nicht gleichmäßig über den Bus-/Bahnsteig verteilen.
Bei der Verkehrsorganisation ist darauf zu achten, dass Haltestellen mit sehr dichter Zugfolge über mehrere Halteplätze verfügen. Bei überwiegend kurzen Haltezeiten sind diese an einem Bahnsteig anzuordnen. Bei langen Haltezeiten oder klar trennbaren Fahrtzielen sind parallel angeordnete Haltestellen sinnvoll.
Doppelhaltestellen.jpgAbb. 2: Doppelhaltestelle mit Anordnung der Halteplätze hintereinander an einem Bahnsteig (links), sowie mit parallel angeordneten Bahnsteigen (rechts)
Durch Überholmöglichkeiten können gegenseitige Behinderungen beim Erreichen oder Verlassen der Haltestelle reduziert werden. Zügiges An- und Abfahren muss durch die bauliche Gestaltung gewährleistet sein. Die Haltestellenform hat vor allem beim Wiedereinfädeln in den fließenden Verkehr Einfluss auf die Fahrzeit des öffentlichen Verkehrsmittels. Bei Haltestellen in Mittellage oder an Kaps treten in der Regel keine Probleme auf. Im Gegensatz dazu gestaltet sich das Wiedereinordnen bei Haltestellenbuchten im Busverkehr eher schwierig. Daher ist diese Lage nur bei längeren Aufenthaltszeiten an End- und Anschlusshaltestellen sinnvoll. Das Wiedereinordnen in den fließenden Verkehr kann an Knotenpunkten durch Lichtsignalanlagen und Busschleusen unterstützt werden [FGSV99].
Darüber hinaus können bei Straßenbahnen Haltestellen in Mittellage ohne Haltestelleninsel ausgeführt werden. Um die Sicherheit zu erhöhen und den Fahrgastwechsel zu beschleunigen, werden diese zunehmend mit einer LSA kombiniert, an welcher der übrige Verkehr für die Dauer des Halts warten muss. Diese Form der Haltestelle wird als Zeitinsel oder dynamische Haltestelle bezeichnet.
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Bahnverkehr, öffentlicher Stadt- und Regionalverkehr, Prof. Dr.-Ing. R. König
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Beschleunigung des ÖPNV (Stand des Wissens: 21.10.2021)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?158416
Literatur
[FGSV99] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.V. (Hrsg.) Merkblatt für Maßnahmen zur Beschleunigung des öffentlichen Personennahverkehrs mit Straßenbahnen und Bussen, Ausgabe/Auflage FGSV-Nr. 114, FGSV Verlag, Köln, 1999
Glossar
Barrierefreiheit
Barrierefreiheit bedeutet, dass bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.
LSA Lichtsignalanlagen LSA (umgangssprachlich: Ampeln) dienen der Steuerung des Straßenverkehrs, indem mittels Lichtsignalen ein bestimmtes Verhalten der Verkehrsteilnehmer angeordnet wird.
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.
LSA Lichtsignalanlagen (LSA) dienen der Steuerung des Straßenverkehrs. Sie ordnen für Verkehrsteilnehmer ein bestimmtes Verhalten an, indem sie gesteuerte Signale abgeben. Umgangssprachlich werden sie auch häufig Ampeln genannt.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?166823

Gedruckt am Donnerstag, 28. März 2024 15:42:55