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Verkehrsunternehmen als Beteiligte an der Beschleunigung des ÖPNV

Erstellt am: 30.08.2005 | Stand des Wissens: 21.10.2021
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Bahnverkehr, öffentlicher Stadt- und Regionalverkehr, Prof. Dr.-Ing. R. König

Die Beschleunigung des ÖPNV liegt in der Regel im ureigenen Interesse der Verkehrsunternehmen, da die zu erwartende Erhöhung der Attraktivität zu Mehreinnahmen und die Verringerung der Fahrzeit zu Kostensenkungen führt. Dabei ist das Verbessern der Zuverlässigkeit oft wichtiger als das Verkürzen der Beförderungszeit.

Insofern kommt den Verkehrsunternehmen eine maßgebende Rolle in allen Phasen des Planungs- und Umsetzungsprozesses von Beschleunigungsmaßnahmen zu. In der Phase der Vorbereitung sollten die Verkehrsunternehmen diejenigen Strecken oder Linien auswählen, auf denen die größtmögliche Wirkung zu erwarten ist. Dank ihrer Betriebsleitsysteme können sie sehr umfangsreiche Daten zum Vorherzustand (Ist-Zustand) liefern. Viele Verkehrsunternehmen treiben auch die Entwicklung eines Maßnahmekonzeptes und die Antragstellung federführend voran. An der Umsetzung sind sie eher mit Überwachungsaufgaben und Zuarbeiten beteiligt. Dagegen kommt ihnen bei der Inbetriebnahme und Systempflege - und besonders bei den Nachheruntersuchungen - wieder eine Schlüsselrolle zu.

Vorteilhaft ist, grundsätzlich zweistufig vorzugehen. In einer ersten Stufe sollte angestrebt werden, die Probleme innerhalb des Unternehmens zu erfassen, zu diskutieren und einer Lösung zuzuführen. Als Beispiel sei der Fahrerarbeitskreis der Münchener Verkehrsgesellschaft angeführt [Seifert11]. Die allein durch das Verkehrsunternehmen nicht lösbaren Probleme müssen in einer größeren Arbeitsgruppe insbesondere mit Vertretern der Kommunalverwaltung behandelt werden. Dafür tritt z.B. in Nürnberg [Dahlmann-Resing11] eine Beschleunigungskommission zusammen.
Beschleunigung_OEPNV_Fahrerarbeitskreis.jpgAbb. 1: Arbeitskreis innerhalb der Münchener Verkehrsgesellschaft [Seifert11]
Beschleunigung_OEPNV_Kommission.jpgAbb. 2: Beschleunigungskommission in Nürnberg [Dahlmann-Resing11]

Um eine verlässliche Bedienung der Kunden über die gesamte Reisekette gewährleisten zu können, müssen die verschiedenen Unternehmen des Stadt-, Regional- und Fernverkehrs ihre Angebote aufeinander abstimmen und damit Schnittstellen zur Anschlusssicherung schaffen. Diese Abstimmung sollte hierarchisch vom Fernverkehr bis hin zu lokalen Verkehren erfolgen, wobei der Handlungsspielraum der "nachgeordneten" Verkehrsunternehmen nicht in einem zu großem Umfang eingeschränkt werden darf. Letztere sind auch gewissen Zwangsbedingungen (z.B. Vorgaben der Aufgabenträger) unterworfen, weshalb allzu große Einschränkungen oft ein suboptimales Angebot mit z.B. einem Mehrbedarf an Fahrzeugen oder umständlicher Linienführung zur Folge haben [FGSV04].
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Bahnverkehr, öffentlicher Stadt- und Regionalverkehr, Prof. Dr.-Ing. R. König
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Beschleunigung des ÖPNV (Stand des Wissens: 21.10.2021)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?158416
Literatur
[Dahlmann-Resing11] Technische Universität Dresden, Professur für Bahnverkehr, öffentlicher Stadt- und Regionalverkehr, Univ.-Prof. Dr.-Ing. R. König, Tim Dahlmann-Resing Die Qualität der Reisezeit aus Kundensicht - Warum Fahrplantreue so wichtig ist, veröffentlicht in Seminar VDV-Akademie "Aktuelle Fragen der Lichtsignal-Beeinflussung aus Sicht des ÖPNV", Nürnberg, 2011/10
[FGSV04] o. A. Verlässliche Bedienung im öffentlichen Personenverkehr, FGSV Verlag GmbH, Köln, 2004
[Seifert11] Valentin Seifert Qualitätssicherung der ÖPNV-Beschleunigung an Lichtsignalanlagen in München, veröffentlicht in Seminar VDV-Akademie "Aktuelle Fragen der Lichtsignal-Beeinflussung aus Sicht des ÖPNV", Nürnberg, 2011/10
Glossar
Aufgabenträger
Aufgabenträger bestellen bei den Verkehrsunternehmen die im Rahmen der Daseinsvorsorge gewünschten Nahverkehrsleistungen. Dabei gibt es Unterschiede zwischen dem Schienenpersonennahverkehr (SPNV) und dem straßengebundenen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV).
Im SPNV sind seit Bahnreform und ÖPNV-Regionalisierung im Jahr 1995/96 anstelle des Bundes die Länder für die Planung, Organisierung und Finanzierung verantwortlich. In einigen Ländern sind die Aufgabenträger für das gesamte Land zuständig, wie in Bayern, in anderen betreuen sie regional abgegrenzte Gebiete, wie in Nordrhein-Westfalen. Teilweise wird die Aufgabenträgerschaft den Verkehrsverbünden zugewiesen, wie in Hessen.
Die Aufgabenträgerfunktion für den straßengebundenen ÖPNV ist den Landkreisen oder kreisfreien Städten zugeordnet.
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?163333

Gedruckt am Donnerstag, 18. April 2024 22:58:20