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Planungsebene Europa - Raumordnung

Erstellt am: 14.07.2005 | Stand des Wissens: 23.11.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike

Die Aufgabe der europäischen Raumentwicklungspolitik besteht in der Schaffung und Fortentwicklung gemeinsamer Leitbilder und strategischer Ansätze für eine europäische Raumentwicklung. Diese Aufgabe wird von den Mitgliedstaaten und in Zusammenarbeit mit der Kommission der Europäischen Union (EU) wahrgenommen [LaRo10, S. 22 ff.].
Folgende Institutionen wirken bei der europäischen Raumentwicklungspolitik mit:
  • europäische Raumordnungsministerkonferenz (mit Europarat):
    CEMT Conférence Européenne des Ministres responsables de LAménagement du Territoire,
  • informeller Raumordnungsministerrat:
    alle für Raumordnung zuständigen Minister der Mitgliedstaaten der EU,
  • EU-Kommission Generaldirektion Regionalpolitik:
    verantwortlich für Maßnahmen der Gemeinschaft zur Förderung der regionalen Entwicklung,
  • Ausschuss für Raumentwicklung (CSD Committee of Spatial Development):
    EU-Arbeitsgremium, bereitet die Tätigkeiten der beiden vorgenannten Ebenen vor,
  • Ausschuss für die Entwicklung und Umstellung der Regionen (CDRR = Comittee of the Development and Reconversion of Regions): EU-Arbeitsgremium, befasst sich mit Fragen der Territorial- und Stadtentwicklung.
Im Gegensatz zu anderen Politikfeldern der EU existieren keine bindenden Gesetzesgrundlagen zur Umsetzung der europäischen Raumordnungspolitik [ARL11]. Der EU-Kommission steht keine Kompetenz für die Raumordnungspolitik zu. Eine indirekte Steuerung erfolgt lediglich über Förderprogramme oder das Europäische Raumentwicklungskonzept (EUREK). Das EUREK wurde vom informellen Raumordnungsministerrat im Mai 1999 verabschiedet. Die darin gemeinschaftlich formulierten Leitbilder und Ziele dienen als Orientierungsrahmen für die nationalen Raumentwicklungspolitiken und Fachpolitiken der EU hinsichtlich der zukünftigen Raumentwicklung der EU. Das Subsidiaritätsprinzip wird auf diese Weise respektiert [ARL19].
Die im EUREK festgelegten Raumentwicklungsziele sollen in allen Regionen der EU gleichzeitig verfolgt und in ihren Wechselwirkungen berücksichtigt werden. Hierbei handelt es sich um:
  • wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt,
  • Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und des kulturellen Erbes,
  • ausgeglichene Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Raumes.
Als Grundlage für die Arbeiten zum EUREK wurden von den Raumordnungsministern bereits 1994 folgende raumentwicklungspolitische Leitlinien beziehungsweise Leitbilder festgelegt:
  • Entwicklung eines ausgewogenen und polyzentrischen Städtesystems und eine Beziehung zwischen Stadt und Land,
  • Sicherung eines gleichwertigen Zugangs zu Infrastruktur und Wissen,
  • nachhaltige Entwicklung, intelligentes Management und Schutz von Natur und Kulturerbe.
Die Ziele des EUREK sollen gemeinsam von europäischen Institutionen sowie den nationalen, regionalen und lokalen Regierungs- und Verwaltungsebenen verfolgt werden. Auf nationaler Ebene sind die Regionen aufgefordert, das EUREK bei der Aufstellung und Fortschreibung von Raumordnungsprogrammen sowie der Koordinierung von Fachplanungen zu berücksichtigen [euro99, S.11].
Gemeinsam mit den Leitlinien für eine nachhaltige räumliche Entwicklung auf dem europäischen Kontinent (CEMAT-Leitlinien) bietet das EUREK einen wichtigen Orientierungsrahmen für eine nachhaltige räumliche Entwicklung des Territoriums der EU. CEMAT (Europäische Ministerkonferenz für Raumplanung) beschäftigt sich mit der Förderung der europäischen Zusammenarbeit im Bereich der Raumplanung.
Weiterhin zur europäischen Raumordnung zählt die Territoriale Agenda der EU (TAEU). Diese hat unter anderem die Stärkung des territorialen Zusammenhalts als Zukunftsaufgabe und gibt konkrete Empfehlungen, wie die vielfältigen Potenziale aller Regionen und Städte durch eine integrierte Raumentwicklung und neue Formen der politischen Zusammenarbeit besser für nachhaltiges Wirtschaftswachstum sowie soziale und ökologische Entwicklung genutzt werden können [EU20b]. Künftiges Ziel ist es, regionale Eigenarten, Bedürfnisse sowie Ressourcen (materiell und immateriell) bei der Gestaltung als auch bei der Umsetzung der Raumordnungspolitik einzubeziehen [EU20b]. Die TAEU wurde seit Ihrer Erstfassung aus dem Jahr 2007 in den Jahren 2011 und 2020 novelliert. Die neuste Fassung "Territoriale Agenda 2030" setzt die folgenden sechs territoriale Prioritäten [EU20b]:
  • Ausgewogenere Raumentwicklung mithilfe der Vielfalt Europas,
  • Konvergente lokale und regionale Entwicklung, weniger Ungleichheiten zwischen Orten,
  • Leichteres Leben und Arbeiten über Landesgrenzen hinweg,
  • Bessere ökologische Lebensgrundlage, klimaneutrale und widerstandsfähige Städte und Regionen,
  • Starke und Nachhaltige lokale Wirtschaft in einer globalisierten Welt,
  • Nachhaltige digitale und physische Konnektivität von Orten.
Die Umsetzung dieser Prioritäten beruht auf informeller Zusammenarbeit verschiedener Verwaltungsebenen. Maßnahmen zur Umsetzung der Ziele sind auf allen Verwaltungsebenen denkbar, aber nicht bindend. In der "Territoriale Agenda 2030" heißt es dazu: "Alle Schlüsselakteurinnen und Schlüsselakteure sind aufgefordert, die Territoriale Agenda im Rahmen ihrer regulären Mandate umzusetzen" [EU20b].
Ansprechpartner
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Raumordnung und Raumentwicklung (Stand des Wissens: 23.11.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?45947
Literatur
[ARL11] Akademie für Raumforschung und Landesplanung Grundriss der Raumordnung und Raumentwicklung, Ausgabe/Auflage 1. Auflage, VSB Verlagsservice Braunschweig, 2011/03/14, ISBN/ISSN 978-3-88838-554-4
[ARL19] Akademie für Raumforschung und Landesplanung (Hrsg.) Europäisches Raumentwicklungskonzept (EUREK), 2019
[EU20b] Europäische Union (Hrsg.) Territoriale Agenda 2030, 2020/12/01
[euro99] Europäische Kommission EUREK Europäisches Raumentwicklungskonzept, 1999/05, ISBN/ISSN ISBN
[LaRo10] Langhagen-Rohrbach Raumordnung und Raumplanung, Ausgabe/Auflage 2. Auflage, 2010
Weiterführende Literatur
[NiS03] Lehrstuhl Regionalentwicklung und Raumordnung der Technische Universität Kaiserslautern, Schäfer, N., Dipl.-Ing. Ansätze einer Europäischen Raumentwicklung durch Förderpolitik -das Beispiel INTERREG-, Selbstverlag der Universität Augsburg, 2003, ISBN/ISSN 933103-92-4
[Ache04] Dr. Peter Ache Auf dem Weg zu "territorialer Kohäsion" - Die europäischen Strukturprogramme und Raumentwicklung, veröffentlicht in Raumplanung, Selbstverlag des Informationskreises für Raumplanung e.V., 2004/10, ISBN/ISSN 0176-7534
[BeBo2004] FernUniversität Hagen, Eser, Thiemo W., Dr. , Langhagen-Rohrbach, Christian, Dr. , Ritter, Ernst-Hasso, Dr. , Tönnies, Gerd, Dr., Benz, A., Prof. Dr., Kujath, Hans Joachim, Dr., Schön, Karl Peter, Dr., Wegener, M. Notwendigkeit einer Europäischen Raumentwicklungspolitik, veröffentlicht in Positionspapier aus der ARL, Nr. 60, Hannover, 2004/10/01
[DeIr95] Dellion, H. , Mölder, M., Irmen, Eleonore, Dr., Schön, Karl Peter, Dr. Trendszenarien zur europäischen Raumentwicklung. Deutscher Beitrag zum Europäischen Raumentwicklungskonzept, Bonn, 1995

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?154894

Gedruckt am Freitag, 29. März 2024 07:02:18