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Investitionsförderungen als Bestandteil der aktuellen ÖPNV-Finanzierung

Erstellt am: 28.03.2007 | Stand des Wissens: 06.12.2022
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Bahnverkehr, öffentlicher Stadt- und Regionalverkehr, Prof. Dr.-Ing. R. König

Damit im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) auch kostenintensive Investitionen, etwa für den Ausbau der Infrastruktur, der Anschaffung neuer Fahrzeuge oder auch das Testen von Innovationen, erfolgen können, stellen die Europäischen Union (EU), der Bund und die Bundesländer weitere Finanzmittel in Form von Förderungen zur Verfügung.
Auf EU-Ebene gibt es verschiedene Förderprogramme. Von Relevanz für den ÖPNV sind insbesondere die Strukturfonds Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und Europäischer Sozialfonds (ESF). Die Durchführung und Abwicklung der aus den Strukturfonds geförderten Programme ist in Deutschland Aufgabe der Bundesländer. [VDV17a] Projekte mit Schwerpunkt Forschung und Innovation können über das EU-Rahmenprogramm Horizont Europa gefördert werden [BMBF21a].
Mit investiven Finanzhilfen (siehe Abbildung 1) nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) fördert der Bund seit 1971 anteilig Investitionen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in Gemeinden. Die Länder werden hierdurch erheblich entlastet. Voraussetzung für die Förderung ist insbesondere ein Kosten-Nutzen-Faktor über 1,0 im Rahmen der standardisierten Bewertung. Das bedeutet, dass das Vorhaben wirtschaftlich ist. 2019 erfolgte eine GVFG-Novellierung und das Gesetz gilt nun unbefristet. Die Voraussetzungen für die Förderung, die Fördertatbestände und die möglichen Fördersätze wurden erheblich erweitert. Nicht nur Aus- und Neubauten werden gefördert, sondern unter anderem auch Vorhaben, die eine Kapazitätserhöhung im bestehenden Verkehrsnetz ermöglichen oder zu einer Verbesserung der Betriebsqualität des ÖPNV führen. Ziel dieser Vorhaben muss eine verkehrliche Verbesserung sein. Die Beschränkung auf Verdichtungsräume oder die zugehörigen Randgebiete wurde aufgehoben, so dass nun auch die Förderung von regionalen und grenzüberschreitenden Strecken möglich ist. Auch die Beschränkung auf Strecken mit besonderem Bahnkörper ist entfallen. Gleichzeitig wurden die jährlich verfügbaren Mittel angehoben: Von bislang 333 Millionen Euro auf zunächst 666 Millionen Euro im Jahr 2020 und auf jährlich 1 Milliarde Euro in den Jahren 2021 bis 2024. Ab 2025 stehen jährlich 2 Milliarden Euro zur Verfügung. Ab dem Jahr 2026 wird dieser Betrag jährlich um 1,8 Prozent dynamisiert [GVFG19].
EY_OPNV_Investitionsfoerderung_2014_2018.jpgAbbildung 1: Entwicklung der Investitionsförderung des ÖPNV in den Jahren 2014 bis 2018 [FOPS-EY21]
Für kleinere Maßnahmen stellte der Bund bis Ende 2019 Fördermittel im Rahmen des Entflechtungsgesetzes (EntflechtG) zur Verfügung. Im Zuge der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen erhalten die Länder als Entflechtungsmittel-Nachfolge seit 2020 mehr Mittel aus dem Umsatzsteueraufkommen des Bundes. Dabei existiert keine Zweckbindung in den ÖPNV. Im Landesgesetz haben einige Länder aber dennoch eine verkehrliche Zweckbindung festgelegt [EntflechtG17].
Das Allgemeine Eisenbahngesetz (AEG) legt fest, dass Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) über entsprechende Benutzungsentgelte ihre vollen Kosten, inklusive notwendiger Erhaltungs- und Modernisierungsinvestitionen in das Streckennetz und die Stationen, decken dürfen. Ein großer Teil der Einnahmen der EIU stammt aus den Regionalisierungsmitteln. 2019 leiteten die Länder knapp 50 Prozent der Regionalisierungsmittel in Form von Trassenpreisen und Stationsentgelten an die EIU weiter und beteiligten sich damit an der Finanzierung der Infrastruktur [BNA21]. Für die Instandhaltung und den Ausbau der Schienenwegeinfrastruktur stehen Bundesmittel aus der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV), und dem Bundesschienenwegeausbaugesetz (BSWAG) zur Verfügung.
Weitere Ziele wie Barrierefreiheit oder die Beschaffung von Elektrobussen werden mit unterschiedlichen Programmen finanziell unterstützt, zum Beispiel durch den oben genannten EFRE-Fonds. Bei der Entflechtungsmittel-Nachfolge sind die Länder in der Pflicht, die seit 2020 zur Verfügung stehenden Mittel aus dem Umsatzsteueraufkommen per Landesgesetz weiterhin zweckgebunden für Ausbau und Sanierung der Verkehrsinfrastruktur bereitzustellen.
 
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Bahnverkehr, öffentlicher Stadt- und Regionalverkehr, Prof. Dr.-Ing. R. König
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Zukünftige Finanzierung des ÖPNV (Stand des Wissens: 06.12.2022)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?218979
Literatur
[BMBF21a] Das neue EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation: Horizont Europa, Bundesministerium für Bildung und Forschung, Berlin, 2021
[BNA21] Marktuntersuchung Eisenbahnen 2020, Bundesnetzagentur, Bonn, 2021/01
[EntflechtG17] Entflechtungsgesetz, Verband Deutscher Verkehrsunternehmen, Köln, 2017
[FOPS-EY21] 8. Bericht über die Entwicklung der Kostendeckung im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und die Finanzleistungen der öffentlichen Hand für den ÖPNV, 2021/02/26
[GVFG19] Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes, Deutscher Bundestag, Berlin, 2019/12/02
[VDV17a] Meinhard Zistel, Annika Stienen Fördermittel für den öffentlichen Verkehr, Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Köln, 2017/07
Glossar
Eisenbahninfrastrukturunternehmen Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) ist ein Rechtsbegriff des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG). Gemäß § 2 Abs. 1 AEG sind Eisenbahninfrastrukturunternehmen öffentliche Einrichtungen oder privatrechtlich organisierte Unternehmen die eine Eisenbahninfrastruktur betreiben.
Barrierefreiheit
Barrierefreiheit bedeutet, dass bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.
Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung
Bei der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) handelt es sich um ein Vertragswerk zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Eisenbahninfrastrukturunternehmen des Bundes (DB Netz AG, DB Station&Service AG, DB Energie GmbH). Gegenstand sind Maßnahmen, die der Erhaltung und Verbesserung des Zustands der Schienenwege des Bundes dienen (Ersatzinvestitionen und Maßnahmen der Instandhaltung).
Bahnkörper
Bei Bahnstrecken, die nach der Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung (BOStrab) betrieben werden, werden Strecken in drei Kategorien anhand des Bahnkörpers eingeteilt:
Straßenbündige Bahnkörper sind mit ihren Gleisen in Fahrbahnen oder Gehwege eingebettet. Sie nutzen den Verkehrsraum anderer Verkehrsteilnehmer.
Besondere Bahnkörper liegen im Verkehrsraum öffentlicher Straßen, sind jedoch vom übrigen Verkehrsraum mindestens durch Bordsteine oder Hecken oder Baumreihen oder andere ortsfeste körperliche Hindernisse getrennt.
Unabhängige Bahnkörper befinden sich auf Grund ihrer Lage oder Bauart außerhalb des Verkehrsraums öffentlicher Straßen.
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.
Allgemeines Eisenbahngesetz
Das Allgemeine Eisenbahngesetz (AEG) regelt eine Vielzahl von Einzelheiten des öffentlichen Eisenbahnverkehrs und gilt für Eisenbahnen, nicht jedoch für Magnetschwebebahnen, Straßenbahnen und die nach ihrer Bau- oder Betriebsweise ähnlichen Bahnen (zum Beispiel Bergbahnen).
Eisenbahninfrastrukturunternehmen
Zur Erhaltung des Schienennetzes zählen Maßnahmen zur Instandhaltung und für die Durchführung von Ersatzinvestitionen. Grundsätzlich tragen die Eisenbahninfrastrukturunternehmen die dabei anfallenden Kosten, werden aber nach der LuFV vom Bund mit einem bestimmten Betrag jährlich unterstützt.
GVFG GFVG ist die Abkürzung von "Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz". Der ausführliche Gesetzestitel lautet: "Die Finanzhilfen des Bundes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinde" Im Rahmen des GVFG fördert der Bund Investitionen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden. Der Umfang der Bundesmittel ist gesetzlich auf 1.667 Millionen Euro jährlich begrenzt. Die Mittel werden nach einem Schlüssel auf die Länder verteilt. Förderbereiche des GVFG sind:
  • der kommunale Straßenbau (insbesondere Bau und Ausbau verkehrswichtiger innerörtlicher Straßen und Zubringerstraßen zum überörtlichen Verkehrsnetz, Omnibusspuren, Verkehrsleitsysteme, Kreuzungsmaßnahmen im Bereich von Eisenbahnen und Bundeswasserstraßen)
und
  • der öffentliche Personennahverkehr (insbesondere Bau und Ausbau von Straßen-, Hoch- , Untergrundbahnen. Nichtbundeseigenen Eisenbahnen, zentrale Omnibusbahnhöfe, Betriebsleitsysteme)
Über die Verwendung der Mittel werden Berichte erstellt. Quellen:
  • Gesetzestext
  • www.bmvbs.de/Verkehr/Oeffentlicher-Personennahverke-,1493/Gemeindeverkehrs-finanzierung.htm [dieser Link muss in die Adresszeile des Browsers kopiert werden]
Instandhaltung
Im Kontext des Erhaltungsmanagements bezeichnen die Begriffe "Instandhaltung" und "bauliche Unterhaltung" bauliche Maßnahmen kleineren Umfangs zur Substanzerhaltung von Verkehrsflächen, die mit geringem Aufwand in der Regel sofort nach Auftreten eines örtlich begrenzten Schadens ausgeführt werden.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?218853

Gedruckt am Freitag, 19. April 2024 19:56:23